Herr R|ob hat nicht nur ein sehr angenehmes und äußerst unterhaltsames Blog, das sich schon seit Langem einen Stammplatz in meinem Feedreader erobert hat und dessen beinahe tägliche Aktualisierung meine Freude am Internet bestätigt, nein Herr R|ob ist manchmal auch investigativ im Internet unterwegs. Und heute musste er feststellen, dass es eine Website eines Vereines gibt, der sich JusProg e.V. (Verein zur Förderung des Kinder- und Jugendschutzes in den Telemedien e.V.) nennt. Und was macht Jusprog e.V.?
Jugendschutzprogramm.de schützt Kinder und Jugendliche vor Gefährdung
durch Erotik oder Gewalt auf deutschsprachigen Internet-Seiten.
Wie bei der vermeintlich dem Schutz der Kinder dienenden Kampagne gegen Kinderpornographie der Bundesfamilienministerin (deren Effektivität nicht nur von Netzaktivisten sondern auch von zahlreichen Experten der IT und des Medienrechtes bezweifelt wird, siehe dazu den heutigen Artikel «Wir sind Helden» in der FAZ) könnte man also glauben: eine gute Sache ist das. Kinder werden geschützt. So schwer diese Aufgabe auch ist, wer möchte das nicht: dagegen ankämpfen, dass Kinder nicht allem schonungslos ausgesetzt werden, was es da im Internet so gibt?
Doch voller Erstaunen lese ich weiter bei Herrn R|ob, dem Investigativ-Blogger meines Vertrauens:
Beinahe wäre es unbemerkt geblieben: das beachtliche Blog von Markus Text und Blog gefährdet die Jugend! Selbstverständlich auch das Hauptstadtblog mit seinen Fotos und Anmerkungen zu Berlin. Pfui! Mein Blog, das vor Erotik und Gewalt nur so strotzt, darf natürlich auch nicht fehlen in dieser Sammlung jugendgefährdender Blogs.
Quelle: Rob Log, «M|ein Blog strotzt vor Erotik und Gewalt» (dort auch zahlreiche weitere Blogs, die auf dem Index stehen, aber mitnichten auf diesen gehören).
Natürlich war ich erstmal entsetzt. Mein Blog wird allen Ernstes als jugendgefährdend eingestuft? Ich frage meine treuen Leserinnen und Leser, und gerne auch die, welche nur ab und zu mal auf Text & Blog vorbeischauen: habt Ihr hier jemals etwas Jugendgefährdendes entdecken können? In mir keimt der Verdacht auf, dass Blogs, die Zweifel an der Kampagne des Bundesfamilienministeriums geäußert haben, von diesem Verein (von dem ich nicht weiß, wer dahintersteckt) auf den Index gestellt wurden. Sind wir schon so weit? Jugendgefährdend ist, wer auf eine gefährliche Entwicklung im deutschen Internetrecht hinweistSo wie ich in den beidem Artikeln «So funktionieren die DNS-Sperren und eine Petition als gelebtes Stück e-Demokratie» und «Zapp zu Zensursula»?
Ich bin erstmal ratlos und gebe es offen zu: auch etwas besorgt.
Update I, 21 Uhr:
Dank des Hinweises von rrho bin ich auf den Artikel «Jugendschutz ad absurdum» beim Spiegelfechter gestoßen, der Licht ins Dunkel des zweifelhaften Jugendschutzvereines bringt. Lesenswert. Und traurig zugleich, dass gegen so eine Initiative offensichtlich nicht vorgegangen werden kann.
Update II, 26.5.09, 14:15 Uhr:
Herr Quintus verweist in den Kommentaren auf einen Telepolis-Artikel, der vor allem den Verdacht bestätigt, dass es sich hier um politische (und nicht um die Jugend schützende!) Zensur handelt: «Jugendschutz und politische Zensur».