Silvana Koch-Mehrin: Rückzug aus EU-Forschungsausschuss

Die gute Nachricht des Tages:

Die deutsche FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin hat nach deutlicher Kritik deutscher Wissenschaftsorganisationen ihren Rückzug vom Forschungsausschuss des EU-Parlaments verkündet.

Quelle: orf.at

Alles andere wäre auch eine Verhöhnung der Wissenschaft gewesen. Gut, dass Druck gemacht wurde. Von Wissenschaftsorganisationen («Alles andere als ein Kavaliersdelikt») und durch die Petition von Anatol Stefanowitsch (die zur Stunde fast 7.500 Unterzeichner hat).

Siehe dazu auch die ausführliche aktuelle Meldung der FAZ: Koch-Mehrin verlässt Forschungsausschuss des EU-Parlaments.

Politik

Petition zum Rücktritt von Silvana Koch-Mehrin

Wenn Silvana Koch-Mehrin und alle, die sie immer noch unterstützen, nach dem Motto «Dreistigkeit siegt» glauben, die Europaabgeordnete der FDP könne nach dem erwiesenen wissenschaftlichen Betrug auch noch ausgerechnet eine wissenschaftliche Funktion als Belohnung für ihre nicht erbrachte „Leistung“ ausüben, dann stimmt etwas nicht. Und die Scheinheiligkeit, mit der zunächst auch zu Guttenberg versuchte durchzukommen, wird noch getoppt. Hintergrund im Blog des Sprachwissenschaftlers Anatol Stefanowitsch: Das Ende der Lügen:

Nochmal langsam: Eine uneinsichtige akademische Hochstaplerin lässt sich wenige Tage, nachdem eine der ältesten und angesehensten Universitäten Europas ihr ihren Doktortitel entzogen hat, in einen Ausschuss des Europäischen Parlaments wählen, der Entscheidungen über Forschungsfragen trifft.

Nur, falls es jemand immer noch nicht verstanden hat: Deutschland wird im Forschungsausschuss des Europaparlaments durch eine überführte wissenschaftliche Betrügerin repräsentiert.

Dankenswerterweise hat Stefanowitsch mit über Twitter organisierter Unterstützung heute Vormittag eine Petition zum Rücktritt von Silvana Koch-Mehrin in deutscher, englischer und französischer Sprache ins Netz gestellt:

Die Unterzeichner rufen das Europäische Parlament auf, Frau Silvana Koch-Mehrin aus dem Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie abzuberufen. Jüngst stellte die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg fest, dass Frau Koch-Mehrin einen großen Teil ihrer Doktorarbeit zum Thema „Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik: Die Lateinische Münzunion“ mit ungenauer Nennung der Quelle oder ganz ohne Nennung der Quelle bei anderen Autoren abgeschrieben hat. Die Universität hat Frau Koch-Mehrin am 15. Juni 2011 den Doktorgrad entzogen.

Es ist inakzeptabel, dass jemand, der sich des akademischen Betrugs schuldig gemacht hat, in einem Ausschuss sitzt, der die europäische Forschungspolitik und ihre Finanzierung überwacht.

Desweiteren rufen wir die Partei von Frau Koch-Mehrin, die Freie Demokratische Partei Deutschlands, sowie die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa im europäischen Parlament auf, alle in ihrer Macht stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um Frau Koch-Mehrin davon zu überzeugen, ihre Mitgliedschaft im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie und ihr Mandat im Europäischen Parlament niederzulegen.
Zuletzt fordern wir Frau Koch-Mehrin selbst auf, für den akademischen Betrug, den sie begangen hat, die Verantwortung zu übernehmen und von ihrem Amt im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie und von ihrem Mandat im Europäischen Parlament zurückzutreten, um weiteren Schaden am Ansehen dieser Institutionen, der wissenschaftlichen Gemeinschaft und dem Land, das sie im Europäischen Parlament repräsentiert, abzuwenden.

Ich habe die Petition als Unterzeichner Nr. 42 soeben unterschrieben und hoffe sehr, dass viele Menschen das in den nächsten Tagen auch tun werden und diese Aktion über die ihnen zur Verfügung stehenden Kanäle wie Blogs, Facebook, Twitter, E-Mail, Weitersagen (leicht merkbarer Kurzlink: ir.pe/silvana) etc. verbreiten.

Nochmals zum Motto: «Dreistigkeit siegt». Tatsächlich? Ich würde sagen: «Nicht mit uns!»

Internet

WWF und die Industrie – der Pakt mit dem Panda

Großer Panda. Foto: Wikipedia
Foto: Wikipedia
Der Panda kann nichts dafür, dass man ihn beim WWF einsetzt, um für Spenden zu werben.

Für den WDR hat der dreifache Grimme-Preisträger Wilfried Huismann recherchiert und Unglaubliches an den Tag gelegt. In der SZ gibt es ein gutes Dossier von Lars Langenau zu den WDR-Recherchen über den World Wide Fund For Nature:

Wie industriefreundlich ist der WWF? Zum 50. Gründungsjubiläum der Organisation hat der WDR hinter den Kulissen des renommierten, weltweit agierenden Umweltverbandes recherchiert. Seine brisante Dokumentation zeigt, wie tief sich der Verband in Interessenssphären der Wirtschaft und ihrer Milliardengewinne verstrickt hat.

SZ: WWF und die Industrie – der Pakt mit dem Panda

Die Filme: Entweder schnell anschauen (oder abspeichern, siehe: Online-Videos abspeichern: Free FLV Converter), die werden sicher rasch gelöscht:

Teil 1:


Direktlink YouTube


Teil 2:


Direktlink YouTube

Interessant auch der Hinweis auf der Programmseite des WDR:

Die in der ursprünglichen Pressemeldung vom 11.05.2011 enthaltene Aussage, wonach das ARD-Team auf Borneo (Indonesien) „kein einziges Organ-Utan Schutzprojekt des WWF“ gefunden hat, halten wir nicht aufrecht. Gleiches gilt für die Formulierung: „Der WWF nimmt Geld von den Unternehmen und verschafft ihm das Gütesiegel für nachhaltige Produktionen“, soweit dadurch der Eindruck erweckt wird, das Unternehmen würde gegen Geldzahlung ein WWF-Gütesiegel für nachhaltige Produktionen erhalten. Hierzu haben wir uns auch gegenüber WWF Deutschland zur Unterlassung verpflichtet.

Update I, 12:35 Uhr [via @PickiHH]: Soeben wurde eine Stellungnahme des WWF veröffentlicht.

Update II, 23:25 Uhr: WWF muss sich nach der gestrigen Ausstrahlung des Filmes – zurecht, wie ich finde – viel Kritik gefallen lassen. Auch wenn viele kritische Stimmen im Facebook-Account des WWF gelöscht werden, reißt die Kritik nicht ab. Ein zwischenzeitlich eingerichteter Twitter-Account @WWF_antwortet wurde wieder gelöscht. Vernünftiges Krisenmanagement sieht anders aus. Das meint auch Thomas Knüwer in seinem Artikel WWF – der Panda im Shit-Storm. Sehr informativ ist übrigens auch das Interview (Dauer 7 Min.), das Radio Bremen gestern Mittag – also vor der Ausstrahlung gestern Abend in der ARD – mit dem Regisseur Wilfried Huismann geführt hat.
Politik, TV, Video

Everything is a Remix – Part 3

Everything is a Remix Part 3 from Kirby Ferguson on Vimeo.

Ich hatte ja neulich schon die ersten beiden Teile der Serie Everything is a Remix vorgestellt. Nun ist der für Juni angekündigte 3. Teil von Kirby Ferguson mit dem Titel „The Elements of Creativity“ veröffentlicht worden und steht den Vorgängern in nichts nach. In der Kultur und Wissensgeschichte baut alles Neue auf bereits Vorhandenem auf. Es wurde schon immer und wird nachwievor kopiert, Eigenes dazu getan und Neues entwickelt.

Damit sind nicht die wissenschaftlichen Betrüger wie Koch-Mehrin oder zu Guttenberg gemeint, sondern all jene Künstler, Wissenschaftler und Denker der Menschheitsgeschichte, die das Dagewesene nicht bloß unreflektiert abschreiben, sondern die es remixen und durch die im Film gezeigten Prozesse Kopieren, Transformieren und Kombinieren Neues schaffen.

Video

Spanische Demonstrationen #19J in Zahl und Bild


Direktlink YouTube

Was gestern beim #19J, den Demonstrationen vom 19. Juni, in Spanien los war, hat all denen, die nach dem Beschluss die Camps aufzulösen, dachten, es rege sich kein Protest mehr in der spanischen Bevölkerung, gezeigt, dass das Gegenteil der Fall ist. Dieses eindrucksvolle kurze Video zeigt die Menschenansammlung in Madrid. Schätzungen gehen von 150.000 Teilnehmern alleine in der Hauptstadt aus, in Barcelona sollen es sogar 260.000 gewesen sein. Insgesamt gab es gestern Protestmärsche in 56 spanischen Städten.

Alle geschätzten Zahlen und ein Versuch, die Reaktionen im Netz (wie viele Tweets, Videos auf YouTube, Fotos auf Flickr etc.) auf die gestrigen Demos zusammenzufassen, gibt es bei ALT1040: El impacto del #19J en Internet:

Visto estos números sobre el #19J que hay que tomarse con cierta cautela como cualquier estadística, lo verdaderamente interesante son algunas de las conclusiones que se desprenden de ellos —independientemente de que estén más o menos acertados— y de la convocatoria en sí. Por ejemplo estamos ante la constatación indiscutible de que el 15M es un movimiento ciudadano pacífico ya que no se registró ni un solo incidente en toda España (muchos siguen pretendiendo hacer ver lo contrario a la opinión pública), que el movimiento no necesita de los mass media para dar a conocer sus convocatorias porque lo hacen directamente ellos a través de Internet (fueron pocos los medios que informaron sobre el #19J antes de que se produjera) o que el 15M es un movimiento de presión social que cada vez se consolida más y no es únicamente eslóganes y pancartas originales.

Natürlich sind die Teilnehmerzahlen sehr schwer zu schätzen, aber unabhängig von der absoluten Zahl gilt es herauszustellen, dass es insgesamt sehr friedliche Proteste waren, und dass es zu keinerlei Gewaltanwendung gekommen ist. Eine positive Einschätzung der Demonstrationen gegen den Euro-Pakt und die Bewertung, dass mit dem 19J die Bewegung des 15M (die Spanier lieben bekanntlich die Abkürzung von Ereignissen durch die jeweiligen Daten) findet sich auch bei público.es: El movimiento 15-M se hace más grande.

Update: siehe auch Telepolis: Empörte bereiten Generalstreik in Spanien vor:

Hunderttausende haben auf Demonstrationen am Wochenende gezeigt, dass die Bewegung deutlich an Breite und Tiefe gewonnen hat.

Politik, Spanisch

Animals. Atemberaubend.

animals from Douglas Burgdorff on Vimeo.

Auch wenn die erste Einstellung dieses wunderbaren Filmes an die Bedrohung durch EHEC im Wasser erinnert, hat dieses Video damit überhaupt nichts zu tun. Ok, ein bisschen grausam ist der Film auch, oh ja. Aber irgendwie auch grausam schön. So wie die Natur halt eben ist. Aufgenommen hat ihn der in Los Angeles lebende Douglas Burgdorff in Costa Rica. Der Mann, den man im Video die Ameisen essen sieht, tut dies, so kann man in den Kommentaren des Videos lernen, offenbar jeden Morgen. Spinnen und Ameisen zum Frühstück. Ein Clash der Kulturen der etwas anderen Art. Unbedingt anschauen. Untermalt mit der großartigen Musik von The Nyman: „Time Lapse“. Animals. Atemberaubend.

Video

Volksbegehren: Unser Hamburg – unser Netz – nur noch bis 22.6.!

Vor vier Jahren habe ich schon im Artikel «Energiemonopole: Die Politik ist gefordert» darauf hingewiesen, wie sehr wir uns in Deutschland «Im Würgegriff der Energiekonzerne» (Titel einer Frontal-Sendung zum Thema) befinden. Doch die Politik ist nicht überall bereit, etwas dagegen zu unternehmen. Leider auch in Hamburg (noch) nicht. Nun gibt es ein Volksbegehren, das sich unter Wahrung der politischen Rechte zum Ziel gesetzt hat, diese Verweigerungshaltung der lokalen Politik nicht kritiklos hinzunehmen.

Volksbegehren: Unser Hamburg - unser Netz Bis zum 22.6.2011 braucht dieses Volksbegehren 75.000 Unterschriften. Über 50.000 sind bis gestern Nachmittag schon bei den Initiatoren eingegangen. Mit einem entschlossen Endspurt sollte es zu schaffen sein. Daher mein Appell an alle Hamburger, die sich noch nicht damit befasst haben, diesen Aufruf durchzulesen und durch eigene Unterschrift zu unterstützen, falls sie einverstanden sind, dass die öffentliche Hand wieder die Kontrolle über Strom- und Gasversorgung in der Hansestadt zurückgewinnt:

„Mit meiner Unterschrift fordere ich: Senat und Bürgerschaft unternehmen fristgerecht alle notwendigen und zulässigen Schritte, um die Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze 2015 wieder vollständig in die Öffentliche Hand zu übernehmen. Verbindliches Ziel ist eine sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung aus erneuerbaren Energien. Begründung 1. In der Regel bietet sich nur alle 20 Jahre die Gelegenheit, die Konzessionen für die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze neu zu vergeben. Bislang werden die Netze in Hamburg von Vattenfall und E.on betrieben, die vor allem mit gefährlichen Atommeilern und klimaschädlichen Kohlekraftwerken ihr Geld verdienen. 2. Hamburg braucht eine starke, konzernunabhängige öffentliche Energieversorgung und eine ökologische Energiewende. Die Verfügung über Umbau und Betrieb der Netze ist hierfür eine wichtige Voraussetzung. 3. Ein der Daseinsvorsorge verpflichtetes öffentliches Energieunternehmen bietet, anders als ein gewinnorientiertes privates Unternehmen, mehr Transparenz im Verbraucherschutz, mehr Kontrollmöglichkeiten für die BürgerInnen sowie zukunftssichere Arbeitsplätze. 4. Die Übernahme ist finanzierbar, andere Städte machen es erfolgreich vor. Die Einnahmen aus dem Netzbetrieb bleiben in Hamburg.“

Alle notwendigen Infos auf unser-netz-hamburg.de. Man kann zwar nicht online unterschreiben, doch für alle, die es nicht schaffen, bei den überall in der Stadt präsenten Unterschriftensammlern zu unterzeichnen, gibt es auch einen ganz bequemen Weg, die Sache per Post auf den Weg zu geben. Wenn, dann sollte dieser aber aller spätestens an diesem Wochenende befolgt werden, damit die Unterlagen auch fristgerecht bis zum 22.6. beim Bezirksamt Hamburg-Mitte eingehen: Einfach hier bei Briefeintragung die persönlichen Daten eintragen, das daraus generierte PDF downloaden, ausdrucken und kostenfrei auf den Postweg geben.

Danke an alle Hamburgerinnen und Hamburger fürs Mitmachen.

Update 22.6.2011, 12:15 Uhr:
Der NDR meldet: Hamburger Volksbegehren offenbar erfolgreich:

Die Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ hat nach eigenen Angaben genügend Unterschriften für ein erfolgreiches Volksbegehren gesammelt. Wie eine Sprecherin sagte, sind bereits vor dem heutigen letzten Tag der Sammlung mehr als die erforderlichen 62.732 Unterschriften zusammengekommen.

Hamburg, Politik
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