Oh no, it’s raining again
Too bad I’m losing a friend.
Roger Hodgson von Supertramp spielt dieses Lied am 18. März 2011 in Hamburg in der Laeiszhalle. Er erinnert damit an den Vorortclub in St. Ellingen und dessen peinliche Absage des Derbys.
Vor ’ner Woche war hier schon mal von Tomte-Sänger Thees Uhlmann die Rede, bei der Vorstellung von Tim Neuhaus‘ «As Life Found You». Angesichts des Derbys, von dem hier auch schon die Rede war, darf ich Euch auf einen schönen, kurzen Text des Wortkünstlers Thees aufmerksam machen, den er als Vorbereitung auf den innerhansestädtischen Fußballfight auf Spiegel Online unter dem Titel «Auf nach Mordor!» veröffentlicht hat:
Oh, Sie schmunzeln, weil ich vor so einem wichtigen Spiel allen Ernstes mehr über das Phänomen Sankt Pauli als über Fußball schreibe? Haben Sie mal den Stürmer Gerald Asamoah gesehen, wie er in seiner Liebe zum Spiel aufgeht? Haben Sie meine Mannschaft gesehen, wie sie trotz Aufopferung und einer sympathisch unerfahrenen Art und Weise den ein oder anderen Punkt lässt?
Und sollte jemand von Euch tatsächlich Tomte noch nicht kennen, obwohl ich ja nicht müde werde, sie hier im Blog vorzustellen, bitte schön: Tomte – Ich sang die ganze Zeit von dir:
Zwei Hinweise in Bezug auf den kommenden Sonntag, 6.2., und auf Hamburgs zweitschönsten (hihi) Stadtteil St. Pauli:
1. Am Sonntag ist Derby-Tag. Wir, der Magische FC St. Pauli und seine wunderbaren Fans, spielen gegen den HSV. Ich freu mich schon drauf. Eine gute Einstimmung darauf, was dieses Derby bedeuten kann, liefert jenes Video:
2. Am Sonntag ist auch St. Pauli-Thementag auf 3sat:
Wollen wir mal hoffen, dass sie da nicht allzu viel Kiezkitsch draus machen: Den ganzen Tag läuft jedenfalls am 3sat-Thementag Programm zum Stadtteil St. Pauli. Kann man eh nicht alles gucken, selbst wenn man am Sonntag nicht im Stadion beim Derby dabei sein wird. So viel wie möglich werd‘ ich mir aber aufzeichnen. Dokus über den Hafen, zahlreiche (hoffentlich brauchbare) Kiezgeschichten, das Magische Jubiläumskonzert zum 100. Geburtstag des FC St. Pauli,… – Doch seht selbst, steht alles auf der Website von 3sat: Oh, St. Pauli! 24 Stunden auf dem Hamburger Kiez.
Was haben wir da gestern für ein grandioses Match am Millerntor gesehen. Ich sagte noch vor dem Spiel in der Nord zur Bezugsgruppe: «Wir werden heute ein Spiel sehen, dass wir so schnell nicht vergessen werden!». Ich sollte recht behalten:
30:3 Torschüsse, ein – in den ersten 25 Minuten zunächst nur vom Ballbesitz her bestimmendes – , aber dann den Kölnern in allen Belangen überlegenes Kiezkicker-Team, das nie – und das war mit das Erfreulichste – aufhörte weiter zu kämpfen. Hätten die Buben um Prinz Poldi nicht Rensing im Tor gehabt, wären mindestens noch Tore von Kruse, Oczypka und Asamoah hinzugekommen und Köln hätte sich über ein 6:0 nicht beschweren dürfen.
So schrieb etwa der Kicker zu unserem 3:0-Sieg über Köln:
St. Pauli blieb dran und die Zuschauer hatten immer mehr den Eindruck, dass nur noch Torhüter Rensing gegen St. Pauli spielte. Mit mehreren Glanzparaden hielt der Keeper gegen wie entfesselt anstürmende Gastgeber die Höhe der Niederlage noch in erträglichen Grenzen.
Was das Match aus Kölner Sicht bedeutete, ist im Spielbericht auf Spox nachzulesen:
„St. Pauli hat uns ein Lehrbeispiel dafür gegeben, wie man in so einem Abstiegsduell auftreten muss“, sagte FC-Trainer Frank Schaefer: „Das ist eine ganz bittere Niederlage, die uns zurückwirft.
Wie man auf meinen Fotos sehen kann, gab es nach wie vor die Farbe Rot unter den Fans am Millerntor. Wie ihr wisst, gehöre ich nicht zu den Sozialromantikern (ich habe meine Gründe dafür ja schon in meinem Freiburg-Artikel genannt), aber natürlich habe ich viel Verständnis und Sympathie für diese Fans, zu denen ja auch ein Teil meiner Bezugsgruppe gehört. Deshalb gefiel mir auch – siehe mein Tweet aus dem Millerntor-Stadion – ein Transparent in der Süd, das der Vereinsführung eine eindringliche Warnung sein sollte, dass den Worten nun auch Taten folgen müssen:
Was gestern von der Magischen Mannschaft auf dem Rasen geboten wurde, und wie es im einheitlichen Support von allen braun-weiß-roten Rängen aus unterstützt wurde, hat mir wieder einmal gezeigt: das ist mein FC St. Pauli. Forza!
Wie berichtet, waren im Dezember mein Bruder und meine Schwägerin wieder mal zu Besuch in Hamburg. Ehe sie ins Saarland zurück fuhren, haben sie in meiner Wohnung eine Überraschung zu meinem Geburtstag versteckt, die ich per E-Mail-Hinweis unter meinem Plattenspieler fand: Einen Gutschein für den FCSP-Fanshop. Sehr praktisch, hegte ich doch seit langem den Wunsch, mir endlich mal eine schwarze FCSP-Kapuzenjacke zu gönnen. Heute war es dann soweit, ich fand den Weg ans Millerntor (dieses Mal – nicht wie letzten Samstag – ohne eine rote Spur hinter mir her zu ziehen. Eingekauft vom Gutschein hatte ich die besagte Kapuzenjacke.
Dann hatte ich da noch einen 5-€-Gutschein der AFM, legte noch ein paar Euronen drauf und kaufte noch ein schwarzes St.-Pauli-T-Shirt und – wie schon mit Foto getwittert – eine graue Mütze (im Saarland nennen wir sowas eine Batschkapp). Ja, ja, ich weiß, ich bin ein Modefan. Aber einer, der vor allem mit dem Herzen dabei ist. Und wenn es mehr als fünf Jahre gedauert hat, bis ich mal in den Fanshop zum Shoppen gegangen bin – zumal zur Einlösung eines mir geschenkten Gutscheines –, mögen mir das die Kommerz-Kritiker zugestehen. 😉
Das war kein Spiel wie jedes andere gestern am Millerntor. Wir haben gegen Freiburg endlich mal wieder 2 Stürmer-Tore bewundern dürfen (Ebbers und Asamoah haben getroffen), leider hatte Cissé was gegen den sich abzeichnenden Heimspielerfolg und streute mit seinem Doppelschlag Salz in die Magische Suppe. Endstand 2:2 (Spielbericht Spox).
Was jedoch für den Rest der Rückrunde positiv stimmt: der FC ST. Pauli hat stark gespielt gestern, hat die Fehler im Defensivbereich reduziert (auch wenn hier noch Arbeit bleibt), und hat immer an sich geglaubt, auch und gerade nach den zwischenzeitlichen Anschlusstreffern. Das war ein Unentschieden mit Moral. Respekt!
Aber das Beste: die Stimmung am Millerntor. Ganz im Gegensatz zu der misslungen Boykott-Aktion gegen Rostock, die ein kleiner Teil der Fanszene gegen den Rest der Fans als Zwangsmaßnahme durchgesetzt hat (siehe mein Bericht dazu vom März 2010: Erzwungener Fan-Boykott im Rostock-Spiel am Millerntor: Ultras treten Fanrechte mit Füßen), war die Stimmung bei der gestrigen Protestaktion der Sozialromantiker sehr gut. Ich habe dieser Aktion sehr distanziert gegenübergestanden, weil ich einige der Forderungen für übertrieben halte, aber ich fühlte mich gestern nicht bevormundet und als Fan ernst genommen, der diese Aktion eben nicht zu Hundert Prozent unterstützt.
Falls es jemanden interessiert: Was mich an der Aktion der Sozialromantiker stört: Ich finde, dem Verein gelingt es immer noch relativ gut, den schmalen Grat zwischen dem wirtschaftlichen Zwang in der 1. Liga die notwendigen Summen über das Marketing einzunehmen und trotzdem das Gesicht des alternativen Vereins nicht zu verlieren. Mir persönlich ist es egal, ob es 39 oder 29 Logen gibt, oder wer wann die Haupttribüne verlässt oder wieder betritt. Nicht, dass ich da falsch verstanden werde: mir gefällt das natürlich auch nicht, doch ich kann das ignorieren, weil es meine Fanrechte nicht tangiert. Solange diese Einnahmequellen nur einen kleinen Teil der Fans betreffen, zumal man darüber trefflich streiten kann, ob solche Leute, die in einem Spiel nur noch ein Event sehen, überhaupt als Fans bezeichnet werden können. Doch diese Leute sind mir ehrlich gesagt egal. Ganz davon abgesehen, werden durch solche Maßnahmen die günstigen Stehplätze für die übergroße Zahl der Fans mit quer finanziert.
Aber nochmal: ich sehe die Aktionen der Sozialromantiker trotz meiner persönlichen Zurückhaltung durchaus mit Sympathie. Vielleicht war das gestern auch ein wichtiges Zeichen an die Vereinsführung, dass in Sachen Kommerz gewisse Grenzen erreicht sind und dass sich über die Köpfe der Fans doch eben nicht alles realisieren lässt. Und dass Entscheidungen der Vereinsführung transparent kommuniziert werden müssen.
Gestern war es jedenfalls eine großartige Stimmung am Millerntor und die Sozialromantiker haben gezeigt, dass Kritik an der Vereinsführung mit einem bedingungslosen Support der Mannschaft (die ja auch gar nicht kritisiert wird) durchaus vereinbar ist. Wie gut die Stimmung war, und wie toll das Millerntor in rote Farben getaucht aussah, wird beim Betrachten der Bilder in der MoPo («Millerntor in Rouge: Die größte Protest-Aktion aller Zeiten») [Update: bei Stefan Groenveld, dessen Server jetzt wieder online ist)] und beim Anschauen dieses Videos deutlich:
Ironie der Geschichte: wie als sollte mein solidarischer Beitrag zur Protestaktion der Sozialromantiker doch noch eingefordert werden, musste ich das gesamte gestrige Spiel (und die darauf folgenden Abendstunden) mit einem fortwährenden Blutverlust durch Nasenbluten absolvieren. Es ging schon los mit einem riesigen Schrecken am Morgen: Ich wachte bereits in roter, da blutgetränkter, Bettwäsche auf und im Verlauf des ganzen Tages waren rot gefärbte Küchen- und Papiertaschentücher mein roter Beitrag wider Willen (natürlich gab es jede Menge Anspielungen darauf, wie zum Beispiel vom Modefotografen). Auch ich habe nicht am Support gespart, ging trotz der misslichen nasalen Umstände ans Millerntor und habe dort – auch tapfer singend – durchgehalten. Rechtzeitig zur Nacht, nachdem ich schon überlegt hatte, den Notarzt zu rufen, aus Angst in den kommenden Stunden womöglich zu verbluten, hatte die Blutung gestoppt. Alles wurde gut. Das Herzblut für die Kiezkicker bleibt. Gestern war wahrlich ein besonderer Tag: Forza FC St. Pauli!
Auch wenn solche Tipps keinen Einfluss auf das tatsächliche Ergebnis haben, würde ich mich doch sehr freuen, wenn Köster und Kirschneck von 11Freunde, dem sportlichen, fachlichen, sympathischen usw. Magazin am Rande der Datenautobahn, mit ihrem Tipp für das Spiel FCSP-Freiburg recht behielten.
Vor allem freue ich mich darauf, dass morgen die Winterpause auch am Millerntor vorbei ist und wir dort wieder Fußball sehen können. Der Auftakt zur Rückrunde (gerne denke ich zurück an den Magischen Auftakt beim Auswärtssieg des FC St. Pauli in Freiburg) findet zwar nicht bei so gutem Wetter wie der Saisonauftakt im Breisgau statt, doch das Spiel ist mindestens genau so wichtig. Vor allem bin ich froh, dass es ab morgen wieder um Fußball gehen wird beim FC St. Pauli. Alles andere geht mir nämlich zur Zeit tierisch auf die Nerven.
„Refait“ is a remake of the football WorldCup match between France and Germany (Seville, Spain, 1982). Shot by Pied La Biche in Villeurbanne (France), every aspect of the fifteen last minutes of the match was carefully reconstructed : players, positions, gestures, intensity, drama etc. It consists in shifting the traditional game area into the urban environment. Each sequence takes place in one or several locations and then the city temporarily becomes the lab for unsual experiments.
The soundtrack is made up of the original commentaries mixed with interviews of the audience recorded during the shooting.
Ich habe das WM-Spiel Deutschland Frankreich damals im Sommer 1982 als Sechszehnjähriger auf Klassenfahrt in Berlin in einer Kneipe gesehen und einem der hübschesten Mädels aus unserer Klasse pro Tor einen Kuss „versprochen“. Ein Glücksfall, ich konnte ja vorher nicht wissen, wie es ausging. Aber viel großartiger als diese Erinnerung an die lang zurückliegende Schulzeit ist dieser Film, der das Halbfinale vom 08. Juli 1982 nachspielt. Großes Fußball-Kino. Unbedingt anschauen, unglaublich gut!