Politik

Books 4 Vijecnica: Hilfsaktion für die Bosnische Nationalbibliothek


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Über die Zerstörung der Bosnischen Nationalbibliothek, von der in diesem Video berichtet wird, hatte ich auch schon mal hier im Blog geschrieben. Vor eineinhalb Jahren war ich auf Dienstreise in Sarajevo und habe dabei auch die Bosnische Nationalbibliothek kennen gelernt. Ich schrieb damals:

Aufs Äußerste bewegt war ich, als ich die Bosnische Nationalbibliothek (siehe Foto oben) gesehen hatte, die im Krieg von den Serben mit Phosphorbomben beschossen wurde (weil ganz bewusst die Kulturschätze der Bosnier zerstört werden sollten). Sehr bewegend, was mir Belma hierzu berichtet hatte: dass die Leute in die brennende Bibliothek rannten und halfen, so gut sie eben konnten, Bücher vor dem Verbrennen zu retten.

Nun haben engagierte Menschen in Sarajevo eine Hilfsaktion unter dem Namen Books 4 Vijecnica zum Wiederaufbau des Bestandes der Nationalbibliothek gestartet, der hoffentlich auf weltweite Unterstützung rechnen kann. Ein in 32 Sprachen übersetzter Aufruf samt einer Wunschliste, welche Literatur man am dringlichsten benötigt, findet sich aus der Website. ich zitiere aus dem deutschen Aufruf.

Zwischen April und August 1992 haben Bibliotheksangestellte, in einer außerordentlichen Aktion, Bruchteile der Sammlung, aus verschiedenen Orten der Stadt – Schutzräumen, Kellern, Universitäten und andere Kultureinrichtungen – evakuiert. Provisorische Räumlichkeiten, die kaum ausreichend Platz boten, ersetzten daraufhin jahrelang die Nationalbibliothek.

Viele Jahre nach dem Krieg, kann eine steigende Anzahl der Besucher konstatiert werden, dennoch ist die Nationalbibliothek immer noch von den Folgen des Krieges gezeichnet. Aus diesem Grund, haben wir, eine Gruppe jungen Menschen von HIA BiH, uns entschlossen die Initiative zum Wiederaufbau zu ergreifen und hoffen auf Ihre Unterstützung.

[via InetBib]

Literatur, Politik

Der etwas andere Blick auf das Thema Integration: Wir sitzen im Süden


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Wir sitzen Im Süden - Poster Der Film «Wir sitzen im Süden» handelt von outgesourcten Menschen, die sich – obwohl in Deutschland geboren – meist unfreiwillig in der Türkei in ein Leben einrichten müssen, dass sie so nie führen wollten. Martina Prießner zeigt am Beispiel von Deutsch-Türken, die in Istanbul in einem deutschen Call-Center für Firmen wie Lufthansa oder Neckermann zu niedrigen Löhnen arbeiten, die andere Seite der in Deutschland leider sehr einseitig geführten Integrationsdebatte.

Im oben zu sehenden kurzen Bericht von ttt wird schnell klar, dass man sich diesen Film heute Abend nicht entgehen lassen sollte: 22:30-0.00 auf Phoenix:

Vier Frauen und Männer – vier Biografien, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Sie sind in Deutschland aufgewachsen; fühlen deutsch und denken deutsch. Die verschiedensten Gründe haben sie veranlasst, Deutschland zu verlassen. Manche gehen freiwillig mit einem deutschen Pass in der Tasche, andere werden abgeschoben oder von der Familie zurückgeschickt. Oft sind es auch ökonomische Notlagen und Perspektivlosigkeit, die sie zur Rückkehr zwingen.

Fatoş: 'Hochdeutsch? Kann ich ned'

Wenn Fatoş sagt: «Hochdeutsch? Kann ich ned, ich komm aus’m Schwarzwald», bekommt der Landesslogan «Wir können alles, außer Hochdeutsch» eine ganz andere Bedeutung.

Bülent: Ersatzheimat im Call-Center

Bülent wurde unfreiwillig abgeschoben. In der Türkei ist er nie heimisch geworden. Im Call-Center in Istanbul findet er einen – wie ich finde – traurigen Heimatersatz.

Ein Film, der – wie gesagt – einen ganz eigenen Beitrag zur Integrationsdebatte in Deutschland liefert, und der nicht nur durch das Aufzeigen der – für viele unbekannten – Zerrissenheit von Deutsch-Türken bewegt. Deshalb mein Tipp: Aufnehmen oder anschauen: Wir sitzen im Süden (D/TR 2010, 88 Min.) heute Abend um 22:30 Uhr auf Phoenix.

Politik, TV

Orwell lässt grüßen: EU-Forschungsprojekt INDECT


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Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren. Benjamin FranklinDas oft so paraphrasierte Zitat lautet im Original: „They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.“ (1775); in: William Temple Franklin (Hrsg.), Memoirs of the life and writings of Benjamin Franklin, Vol. 1, Printed by T.S. Manning, Philadelphia, 1818. S. 333-334. Quelle: WikiQuote

Es geht bei INDECT um eine Vernetzung von Daten aus unterschiedlichen Systemen, um vermeintlich Kriminelle verfolgen zu können. Euphemistischer, wie es kaum noch geht, steckt hinter dem Akronym (=Abkürzung) INDECT die Bezeichnung «Intelligent information system supporting observation, searching and detection for security of citizens in urban environment» (Dt.: Intelligentes Informationssystem zur Unterstützung von Überwachung, Suche und Erfassung für die Sicherheit von Bürgern in städtischer Umgebung, zitiert aus Wikipedia).

Wem bei den nicht nur von Datenschützern (siehe obiger Beitrag 3sat Kulturzeit vom 17.1.2011) als überaus bedenklichen Planungen der EU Orwells 1984 in den Sinn kommt, der kann sich in einem von der Piratenpartei angelegten Wiki über die Hintergründe informieren: Taskforce INDECT. Die Ziele der Taskforce sind:

  • Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung über Zielsetzung des Projekts INDECT und dessen Auswirkung auf die Bevölkerung
  • Recherche über die daran beteiligten Organisationen und Betriebe, sowie deren Kernkompetenzen
  • Veröffentlichung von Erkenntnissen
  • Organisation von Demonstrationen gegen das Projekt INDECT

Update 19:50 Uhr: Aktuellere Infos gibt es auf http://www.stopp-indect.info/. Ich danke Roland Albert für den Hinweis in den Kommentaren.

Das Projekt informiert auch auf Twitter unter @stoppINDECT. In den Kommentaren auf netzpolitik.org wird auch auf einige Telepolis-Artikel zum Thema INDECT hingewiesen.

[Video via Too much Information]

Politik

Die Angst der Bundespresse-Journalisten vor Twitter

Twitteraccount des Regierungssprechers Steffen Seibert: @RegSprecher

Wenn man das liest, was am vergangenen Freitag (25.3.2011) in der Bundespressekonferenz dem stellvertretenden Regierungssprecher Christoph Steegmans für überaus naive Fragen gestellt wurden, wundert man sich, welche Leute dort tätig sind. Diese Journalisten sollen uns die Politik der Regierung vermitteln bzw. diese kritisch begleiten und hinterfragen und sie sind noch nicht einmal in der Lage, ein Medium wie Twitter einzuschätzen, das seit zwei Jahren sowohl national als auch international in der Presse als Informationsmedium anerkannt ist, und das selbstverständlich – wie alle anderen Quellen auch – kritisch geprüft werden muss.

Update 29.3.2011, 23:20 Uhr: hier auch als Video, danke Stefan für die Ergänzung in den Kommentaren. Das Nachfrage-Drama in bewegten Bildern:

Das Unbehagen der Hauptstadtjournalisten mit dem twitternden Regierungssprecher – Das Video from Carta on Vimeo.

Um was ging es nun konkret in der Bundespressekonferenz am Freitag? Einige Journalisten wollten wissen, ob der Twitter-Account des Regierungssprechers Steffen Seibert (@RegSprecher) nun ein offizieller Kanal der Bundesregierung sei. Ob dort Nachrichten verkündet würden, die auch für die Journalisten relevant sein könnten. Welche Naivität dabei an den Tag gelegt wurde, spottet jeder Beschreibung. Unfassbar! Lest selbst beim Journalisten Thomas Wiegold:

FRAGE: Herr Dr. Steegmans, muss ich mir in Zukunft einen Twitter-Account zulegen, um über relevante Termine der Bundeskanzlerin informiert zu werden? Ich beziehe mich konkret auf die Ankündigung des Regierungssprechers, dass die Bundeskanzlerin in die USA reist.

SRS DR. STEEGMANS: Im Informationsgeschäft wissen Sie: Viel hilft viel.

Was dann folgt, ist unglaublich: «Wenn der Regierungssprecher twittert…»

Ein seltsames Gemisch aus Unwissen und der Angst, die Mittlerrolle zu verlieren. Natürlich sind das Ausnahmen. Viele Journalisten haben die Bedeutung von Twitter längst erkannt (siehe Twitter ist eine mächtige Quelle) und nutzen diesen Kanal und die dortige Vernetzung hochprofessionell für ihre Arbeit. Die Fragesteller aus oben zitierter Runde sollten sich allerdings fragen, ob sie ihrem Job noch gewachsen sind.

Bluesky, Politik

Wahlzoten auf Twitter in Vorfreude auf die Wahlberichterstattung

#Wahlzoten auf Twitter Jeder kennt das: im Laufe der Wahlberichterstattung werden Phrasen gedrescht, dass sich nur so die Balken biegen. Wir werden es auch wieder heute Abend ab 18 Uhr bei der Berichterstattung zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und zur Kommunalwahl in Hessen erleben. Keine noch so abgedroschene Plattheit aus dem Repertoire der Zotenzitate wird ungesagt bleiben. Ein Bullshit-Bingo der Wahlphrasen bietet sich für die gut informierten TV-Zuschauer geradezu an. Einen Vorgeschmack liefert das aktuell laufende Mem (Begriffs-Erklärung auf ZEIT Online) #Wahlzoten.

@Heiko bringt’s auf den Punkt: Die Elefantenrunde heute Abend kann ausfallen:

in den #wahlzoten ist eigentlich alles gesagt. elefantenrunde und interviews fallen heute abend aus.Sun Mar 27 11:13:39 via Echofon

Bluesky, Politik

Hunderttausende demonstrieren gegen Atomenergie – Fotoimpressionen aus Hamburg

(Update: Jetzt auch Video am Ende des Artikels.)

So viele Menschen sind in Deutschland schon lange nicht mehr auf die Straße gegangen. 210.000 Menschen demonstrierten heute bundesweit auf Anti-Atom-Demos unter dem Motto «Fukushima mahnt» in Berlin (90.000), Hamburg (50.000), Köln (40.000) und München (30.000), siehe Artikel auf WELT Online: «Hunderttausende demonstrieren gegen Atomkraft».

Als ich heute am Dammtor auf die Leute wartete, mit denen ich zur Demo wollte, habe ich das dortige Bahnhofsumfeld so menschenüberfüllt wie noch nie erlebt. Der Strom der zufließenden Teilnehmer aus allen Richtungen und aus allen Alters- und Bevölkerungsgruppen schien gar nicht ab zu reißen. Beeindruckend zu sehen, wie viele Menschen heute ihre Solidarität mit den Opfern in Fukushima und ihre Besorgnis über die Atompolitik der Bundesregierung ausgedrückt haben.

In der Folge eine paar Fotos davon. Weitere Bilder (leider alle nur mit dem iPhone geschossen) gibt es in meinem Fotoset auf Flickr.

Anti-Atom-Demo Hamburg: Menschenmassen hinter dem Dammtorbahnhof

Anti-Atom-Demo Hamburg: Menschenmassen vor dem Dammtorbahnhof

Demo-Teilnehmer dichtgedrängt in der Mönckebergstraße Richtung Rathaus

Tschüss Vattenfall!

Update I, 18:45 Uhr: Sehr gute Fotos gibt es bei Isa (auch in ihrem Blog) zu sehen, die ihre Olympus dabei hatte und hochwertige Aufnahmen machen konnte.

Update II, 27.3.2011, 10:30 Uhr: Jetzt auch via HH-Nachrichten (dort auch Bericht & viele Fotos) ein Video gefunden. Sehr sehenswert:


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Foto, Hamburg, Politik

Wer ist Angela Merkel?

Handelsblatt-Titelseite vom 25.3.2011: Wer ist Angela Merkel?

Diese Frage stellt sich nicht nur das Handelsblatt in seiner heutigen Ausgabe: «Wer ist Angela Merkel?» (Artikel leider nicht online). Die Wirtschaftszeitung rätselt, ob sie noch eine Konservative sei? Wo sie doch pazifistische Politik in Libyen mache (siehe dazu: Wie katastrophal die deutsche Diplomatie versagt, SZ 18.3.11) und sieben Atommeiler stillgelegt habe.

Das Moratorium wurde ja durch Rainer Brüdele vor den hochrangigen Wirtschaftsvertretern des BDI als irrationale Wahlkampftaktik ins rechte [sic!] Licht gerückt. Unser (doch nicht so?) wahrheitsliebender Wirtschaftsminister Brüderle, wollte das ganze zwar als Protokollfehler abtun (siehe dazu auch meine heutige Twitkrit Protokoll-Tweets), aber längst wurde die Aussage Brüderles von Teilnehmern der BDI-Runde als im Protokoll korrekt wiedergegeben bestätigt. Dass BDI-Hauptgeschäftsführer Schnappauf (siehe Artikel auf Spiegel Online) deswegen heute zurücktreten musste, zeigt, wie absurd die Reaktionen in der Politik mittlerweile sind. Wie das alles noch rational erklärt werden könnte, bleibt genau so rätselhaft wie die Frage «Wer ist Angela Merkel?».

Politik

Brüderles Patzer ist kein Protokollfehler sondern Ausdruck der Wählerverachtung


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Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man über die unverhohlene Wählerverachtung lachen, die durch das protokollierte Geständnis Brüderles, die Bundesregierung habe das Atom-Moratorium nur wegen der anstehenden Landtagswahlen erfunden.

Es erinnert nun ein wenig an Guttenbergs – von der Bundesregierung gestützten erste hilflose Erklärungsversuche – seine Doktorarbeit sei kein Plagiat gewesen («Meine Dissertation ist kein Plagiat», Stichwort: Formfehler), wenn Brüderle heute im Bundestag behauptet (s. obiges Video ab der 2. Minute), seine beim BDI getätigten Äußerungen seien aufgrund eines Protokollfehlers von der Süddeutschen falsch zitiert worden. Wie konnte der Süddeutschen so ein schlimmer Fehler passieren? Oder ist etwa doch etwas dran, wenn sie schreibt:

Deutsche Kernkraftwerke gehen aus taktischen Gründen vom Netz: Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hat nach SZ-Informationen vor der Spitze der deutschen Industrie gesagt, dass die anstehenden Landtagswahlen der Grund für den plötzlichen Sinneswandel der Regierung in der Atompolitik sind. Entscheidungen seien da „nicht immer ganz rational“.

Süddeutsche Zeitung: Brüderle: AKW-Moratorium ist nur Wahlkampf-Taktik.

Im Stile der Hassknecht’schen Kommentare aus der Heuteshow (siehe Vorstellung Gernot Hassknecht) möchte man leise anheben und dann – erkennbar an den Majuskeln – losbrüllen:

Natürlich kann auch mal in einem Protokoll etwas missverständlich festgehalten werden, lieber Herr Bundeswirtschaftsminister, … ABER FÜR WIE BLÖD HALTEN SIE DIE WÄHLER EIGENTLICH NOCH, DASS SIE SICH ERDREISTEN IHNEN SO EINE SCHWACHSINNIGE AUSREDE AUFZUTISCHEN?!?

Ich bin ansonsten sprachlos ob so viel Verachtung gegenüber dem Wählerwillen und lasse deshalb zum Abschluss den ehemaligen Regierungssprecher Michael Spreng zu Worte kommen, der heute in seinem Blog Sprengsatz konstatiert:

Selbst für Wähler mit dem kleinen Durchblickerlehrgang ist dies keine Überraschung, aber es ist schon eine Enthüllung, dass Brüderle dies im vertrauten Kreis offen aussprach und damit alle Beteuerungen der Regierung, ihre Kehrtwende habe nichts mit den Wahlen zu tun, wie eine Seifenblase auch regierungsamtlich zerplatzen ließ.

Update 25.3.2011, 13:45 Uhr: Mir fehlen erneut die Worte: BDI-Spitzenmann tritt wegen Brüderle-Affäre zurück (Spiegel Online).

Politik, Video
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