Politik

Ich bin auch Verlierer des Tages

Ich bin auch Verlierer des Tages Wer die BILD-Zeitung liest, tut das nicht, um sich durch sorgsame Abwägung unterschiedlicher Argumente seine Meinung zu bilden, sondern weil er gerne einfache Positionen serviert bekommt. Provokativ, verkürzt in wenig Text und dicken Schlagzeilen. Gehört mit zum Erfolgskonzept des Blattes und beschert dieser simplen Informationspolitik eine Reichweite von etwa 11,5 Millionen Lesern täglich. Ich wiederhole: etwa 11,5 Millionen Leser täglichUnfassbar, aber wenn man den Zahlen der Deutschen Media-Analyse, siehe Wikipedia-Artikel, glauben darf, ein Faktum..

Dieses perfide Meinungsmacher-Blatt verzichtet gerne auf Argumente (frei nach dem Motto: Wer im Recht ist, der braucht keine Argumente) und übt sich stattdessen lieber im Schwarz-Weiß-MalenDas ist – nur am Rande bemerkt – weniger dem Blatt vorzuwerfen, sondern denen, die es immer wieder kaufen und lesen.. So kürt sie offenbar auch täglich Gewinner und Verlierer des Tages, ohne weitergehende Argumentationen dafür zu liefern, warum jemand positiv oder negativ hervorgehoben wird.

Heute ist der Verlierer des Tages der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning (@BoehningB), der einen Initiativantrag für den SPD-Parteitag am Sonntag gestellt hat, durch den die SPD-Bundestagsfraktion aufgefordert wird, den Gesetzentwurf der Großen Koalition zur Sperrung von Kinderporno-Seiten zu verhindern. Wenn jemand erkannt hat, dass ein offensichtlich komplett falsch konzipierter Gesetzentwurf, der schwerwiegende verfassungspolitische Mängel aufweist und nachweislich keinen Erfolg im Kampf gegen Kinderpornographie bringen wird, ein Verlierer des Tages ist, dann, liebe BILD-Zeitung, ja dann möchte auch ich ein Verlierer des Tages sein. Buttons für entsprechend solidarische Verliererinnen und Verlierer werden freundlicherweise von Mathias Richel zur Verfügung gestellt. In anderen Farben gibt es die Buttons auch bei Attie the Penguin.

Update 17:35 Uhr (via @saschalobo): Dazu passt auch der Artikel von Stefan Niggemeier im Bildblog: Wer ist gegen Kinderpornographie-Gegner?.

[via @mathiasrichel]

Politik

Tweetrevolt – per Twitter gegen Zensur in China protestieren

Tweetrevolt - per Twitter gegen Zensur in China protestieren

Die chinesische Regierung hat vor ein paar Tagen, just vor dem 20. Jahrestag der Niederschlagung der Demokratie-Bewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tian’anmen), dem 4. Juni 2009, den Zugang zu Twitter gesperrt (Meldung heise). Nun gibt es im Rahmen der Aktion Tweetrevolt einen Aufruf auf Twitter einen Tweet mit hashtagFür Nicht-Twitterer: Hashtag ist eine Art Schlagwort #tweetrevolt abzusetzen, an der sich hoffentlich viele Twitterer beteiligen werden. @jintan und ich haben es bereits getan, Ihr tut es hoffentlich auch, sofern Ihr Twitter nutzt.

Bluesky, Politik

Knut Fleckenstein ist der Hamburger Zapatero

Knut Fleckenstein auf den Plakaten der Hamburger SPD Wenn ich morgens auf dem Weg zur Stabi durch die Edmund-Sievers-Allee gehe, denke ich jedesmal José Luis Rodríguez Zapatero mache Europawahl-Werbung für die Hamburger SPD. Der hanseatische Zapatero heißt aber Knut Fleckenstein. Die Ähnlichkeit des Hamburger Europawahl-Kandidaten mit dem sozialistischen Ministerpräsidenten Spaniens ist doch frappierend, oder?

Knut Fleckenstein (li.) - José Luis Rodríguez Zapatero (re.) Die nebenstehende Bildcollage aus einem Foto von Knutens Homepage und dem Ausschnitt aus einem Zapatero’schen Wikipedia-Bild legt die Ähnlichkeit an den Tag. Bleibt die Frage, ob das der Hamburger SPD Stimmen bringt oder kostet? 😉

Foto, Hamburg, Politik

Entwurf der Familienministerin für neues Kinderschutzgesetz zerpflückt

Heute gab es im Bundestagsausschuß die Anhörung zur Petition «Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten», die mittlerweile von fast 100.000 Bürgern unterzeichnet wurde. [Siehe dazu mein Update am Ende dieses Artikels.] Heute Abend gibt es gute Nachrichten zur hoffentlich raschen Rücknahme eines von Anfang an zum Scheitern verurteilten Gesetzesvorhabens, das vor allem eines so nie geschafft hätte: den Kindern einen Schutz zu bieten, die Opfer grausamster Verbrechen sind:

SPD kippt von der Leyens Kinderschutzgesetz

… was so tatkräftig begann, droht nun in einer Blamage für CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen zu enden. Am Montag ließen Experten an dem von ihrem Haus erarbeiteten Gesetzentwurf bei einer Anhörung kaum ein gutes Haar.

Weiter in DIE ZEIT.

Ich hoffe, die Vernunft und die Achtung der Informationsfreiheit wird sich weiter durchsetzen und die Einsicht, dass gegen die Täter vorgegangen werden muss und dass keine Scheuklappen in der Sache verordnet werden können, gewinnt die Oberhand bei der Behandlung dieses wichtigen Themas. So oder so ist der Erfolg eines Engagements über das Internet ein beeindruckendes Zeichen gelebter Demokratie, das seine politische und gesellschaftliche Wirkung weit über dieses konkrete Projekt hinaus entfalten wird. Wie ich neulich schon schrieb: ein Stück gelebte e-Domokratie.

Update 20:45 Uhr: Auch wenn ich gerade sehe, dass ich mich etwas zu früh gefreut habe, will die SPD doch nicht die umstrittenen Internetzensurpläne kippen, sondern erstmal nur das Kinderschutzgesetz. Aber selbstverständlich werden auch die von Vielen als unwirksam betrachteten Schutzmaßnahmen gegen Kinderpornographie kritisch gesehen und müssen meiner Meinung nach unbedingt zurückgenommen werden:

Im Bundestag diskutierten Experten über Sinn und Unsinn von Netzsperren. Vorbehalte gibt es viele, aber das wichtigste Ergebnis lautet: Die Debatte wird endlich sachlicher

Weiter in DIE ZEIT: Experten sehen bei Netzsperren noch viele Probleme.

Internet, Politik

Text & Blog jugendgefährdend?

Herr R|ob hat nicht nur ein sehr angenehmes und äußerst unterhaltsames Blog, das sich schon seit Langem einen Stammplatz in meinem Feedreader erobert hat und dessen beinahe tägliche Aktualisierung meine Freude am Internet bestätigt, nein Herr R|ob ist manchmal auch investigativ im Internet unterwegs. Und heute musste er feststellen, dass es eine Website eines Vereines gibt, der sich JusProg e.V. (Verein zur Förderung des Kinder- und Jugendschutzes in den Telemedien e.V.) nennt. Und was macht Jusprog e.V.?

Jugendschutzprogramm.de schützt Kinder und Jugendliche vor Gefährdung
durch Erotik oder Gewalt auf deutschsprachigen Internet-Seiten.

Wie bei der vermeintlich dem Schutz der Kinder dienenden Kampagne gegen Kinderpornographie der Bundesfamilienministerin (deren Effektivität nicht nur von Netzaktivisten sondern auch von zahlreichen Experten der IT und des Medienrechtes bezweifelt wird, siehe dazu den heutigen Artikel «Wir sind Helden» in der FAZ) könnte man also glauben: eine gute Sache ist das. Kinder werden geschützt. So schwer diese Aufgabe auch ist, wer möchte das nicht: dagegen ankämpfen, dass Kinder nicht allem schonungslos ausgesetzt werden, was es da im Internet so gibt?

Doch voller Erstaunen lese ich weiter bei Herrn R|ob, dem Investigativ-Blogger meines Vertrauens:

Beinahe wäre es unbemerkt geblieben: das beachtliche Blog von Markus Text und Blog gefährdet die Jugend! Selbstverständlich auch das Hauptstadtblog mit seinen Fotos und Anmerkungen zu Berlin. Pfui! Mein Blog, das vor Erotik und Gewalt nur so strotzt, darf natürlich auch nicht fehlen in dieser Sammlung jugendgefährdender Blogs.

Quelle: Rob Log, «M|ein Blog strotzt vor Erotik und Gewalt» (dort auch zahlreiche weitere Blogs, die auf dem Index stehen, aber mitnichten auf diesen gehören).

Natürlich war ich erstmal entsetzt. Mein Blog wird allen Ernstes als jugendgefährdend eingestuft? Ich frage meine treuen Leserinnen und Leser, und gerne auch die, welche nur ab und zu mal auf Text & Blog vorbeischauen: habt Ihr hier jemals etwas Jugendgefährdendes entdecken können? In mir keimt der Verdacht auf, dass Blogs, die Zweifel an der Kampagne des Bundesfamilienministeriums geäußert haben, von diesem Verein (von dem ich nicht weiß, wer dahintersteckt) auf den Index gestellt wurden. Sind wir schon so weit? Jugendgefährdend ist, wer auf eine gefährliche Entwicklung im deutschen Internetrecht hinweistSo wie ich in den beidem Artikeln «So funktionieren die DNS-Sperren und eine Petition als gelebtes Stück e-Demokratie» und «Zapp zu Zensursula»?

Ich bin erstmal ratlos und gebe es offen zu: auch etwas besorgt.

Update I, 21 Uhr:
Dank des Hinweises von rrho bin ich auf den Artikel «Jugendschutz ad absurdum» beim Spiegelfechter gestoßen, der Licht ins Dunkel des zweifelhaften Jugendschutzvereines bringt. Lesenswert. Und traurig zugleich, dass gegen so eine Initiative offensichtlich nicht vorgegangen werden kann.

Update II, 26.5.09, 14:15 Uhr:
Herr Quintus verweist in den Kommentaren auf einen Telepolis-Artikel, der vor allem den Verdacht bestätigt, dass es sich hier um politische (und nicht um die Jugend schützende!) Zensur handelt: «Jugendschutz und politische Zensur».

Internet, Politik

Rainald Grebe: «Ich bin der Präsident»

Zur Bundespräsidenten-Wahl versammeln sich heute 1224 1223Die Linksfraktion verlor wegen einer Erkrankung des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke eine Stimme. Quelle: Spiegel Online Wahlleute im Plenarsaal des Bundestages zur sogenannten Bundesversammlung, um sich zwischen Reh und Lockenvogel (siehe dazu meine gestrige Twitkrit) zu entscheiden. Aus diesem Anlass hier nochmal Rainald Grebes wunderbares Lied «Ich bin der Präsident»:


Direktlink YouTube

[via @mathiasrichel]

Politik, Video

Zapp zu Zensursula

Sehr guter Beitrag in Zapp (NDR): Politiker-Pläne: Heftige Proteste gegen Sperrungen im Internet. Hoffentlich durchschauen nun immer mehr Menschen, wie unsinnig und geradezu schädlich die falsche und in meinen Augen sogar verlogene Kampagne des Familienministeriums ist:


Direktlink YouTube

Mit symbolträchtigen Stoppschildern möchte die Bundesregierung Kinderpornografie im Internet bekämpfen. Gegen den Gesetzentwurf wird heftig protestiert – sogar von Missbrauchsopfern.

Es kommen zu Wort: Christian Bahls vom Verein MissbrauchsOpfer Gegen InternetSperren (Mogis), die Einreicherin der Petition Franziska Heine, Professor Thomas Hoeren (Informations- und Medienrecht) und Holger Bleich von der Computer-Zeitschrift c’t. Natürlich hatte die Redaktion auch eine Stellungnahme von Familienministerin Ursula von der Leyen angefragt, die diese jedoch verweigert hat.

Die hier schon vorgestellte Petition (bisher über 88.000 Teilnehmer) kann übrigens immer noch gezeichnet werden.

[via netzpolitik.org]

Politik, TV
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