Entwurf der Familienministerin für neues Kinderschutzgesetz zerpflückt

Heute gab es im Bundestagsausschuß die Anhörung zur Petition «Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten», die mittlerweile von fast 100.000 Bürgern unterzeichnet wurde. [Siehe dazu mein Update am Ende dieses Artikels.] Heute Abend gibt es gute Nachrichten zur hoffentlich raschen Rücknahme eines von Anfang an zum Scheitern verurteilten Gesetzesvorhabens, das vor allem eines so nie geschafft hätte: den Kindern einen Schutz zu bieten, die Opfer grausamster Verbrechen sind:

SPD kippt von der Leyens Kinderschutzgesetz

… was so tatkräftig begann, droht nun in einer Blamage für CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen zu enden. Am Montag ließen Experten an dem von ihrem Haus erarbeiteten Gesetzentwurf bei einer Anhörung kaum ein gutes Haar.

Weiter in DIE ZEIT.

Ich hoffe, die Vernunft und die Achtung der Informationsfreiheit wird sich weiter durchsetzen und die Einsicht, dass gegen die Täter vorgegangen werden muss und dass keine Scheuklappen in der Sache verordnet werden können, gewinnt die Oberhand bei der Behandlung dieses wichtigen Themas. So oder so ist der Erfolg eines Engagements über das Internet ein beeindruckendes Zeichen gelebter Demokratie, das seine politische und gesellschaftliche Wirkung weit über dieses konkrete Projekt hinaus entfalten wird. Wie ich neulich schon schrieb: ein Stück gelebte e-Domokratie.

Update 20:45 Uhr: Auch wenn ich gerade sehe, dass ich mich etwas zu früh gefreut habe, will die SPD doch nicht die umstrittenen Internetzensurpläne kippen, sondern erstmal nur das Kinderschutzgesetz. Aber selbstverständlich werden auch die von Vielen als unwirksam betrachteten Schutzmaßnahmen gegen Kinderpornographie kritisch gesehen und müssen meiner Meinung nach unbedingt zurückgenommen werden:

Im Bundestag diskutierten Experten über Sinn und Unsinn von Netzsperren. Vorbehalte gibt es viele, aber das wichtigste Ergebnis lautet: Die Debatte wird endlich sachlicher

Weiter in DIE ZEIT: Experten sehen bei Netzsperren noch viele Probleme.

5 Kommentare zu „Entwurf der Familienministerin für neues Kinderschutzgesetz zerpflückt“

  1. Thomas Altenwald

    Siehst du, selbst die SPD hat das mit der Internetzensur noch nicht verstanden. Die gelebte “e-Domokratie”, die du so gerne ins helle Licht setzen möchtest sollte sich mit den wirklich wichtigen Dingen im Leben beschäftigen. Man kann sich im Leben, aber im richtig wirklichen Leben, auch nicht immer die Rosinen aussuchen und sagen, die schmecken aber Lecker. Die Welt ist nun mal schrecklich, mit oder ohne Internet. Bevor diese Weltverbesserer nicht einen vernünftigen, finanzierbaren Gegenvorschlag haben nutzt diese ganze Schimpfkampagne nichts. Wir brauchen Macher, keine Nörgler.

  2. Thomas: mit dieser Einschätzung liegst Du aber vollkommen daneben. Es geht hier bei den Menschen, die wie ich vor dem schlecht vorbereiteten Gesetz warnen, nicht um Nörgler, sondern um ernsthafte Warnungen vor einem so nicht haltbaren Verfahren.

    Du schreibst: “Wir brauchen Macher”. Das ist wahr und das fordern auch die Unterzeichner der Petition. Dazu passt auch die heutige Meldung:

    Löschen statt verstecken: Es funktioniert!

    Es ist nicht schwer, Webseiten mit Kinderpornografie abschalten zu lassen, zeigt Netzaktivist Alvar Freude. Innerhalb von zwölf Stunden ist es ihm gelungen, 60 Seiten aus dem Netz nehmen zu lassen.

  3. Der finanzierbare Gegenvorschlag ist, den Gesetzesentwurf einfach zu den Akten zu legen und mit der von den Wählern bezahlten Abgeordneten-Zeit ERNSTHAFTE Dinge zu besprechen.

    GERADE gegen KiPo wirken Web-Filter NULL (das findet in Tauschbörsen und im Usenet statt – oder gleich in Post-Tauschringen) – gegen Glücksspiele, gegen normale Pornos, gegen Nazi- und Islamseiten, gegen linke Meinungsseiten, gegen Torrent-Seiten, gegen Diskussionsforen und gegen Regierungskritik allerdings schon. Daher die Zensurbedenken – wozu sonst sollte man ein für den angeblichen Zweck ABSOLUT UNTAUGLICHES Mittel sonst so machtvoll durchsetzen wollen?

    WENN man was verbessern will, braucht man schon mehr Geld als die jetzige Scheinlösung kosten würd – aber die Scheinlösung BESSERT eben auch nicht einen Fitzel am Missbrauch der Kinder, an der Verfolgung der Täter oder an der Ermittlung der Kunden.

    Es öffnet nur neue Missbrauchsmöglichkeiten jenseits der Zensur: Im Sorgerechts-Streit einfach dem Kindesvater einen Link unterjubeln, und der fragt NIE wieder nach dem Kind. Unbeliebte Mitarbeiter, die man gern loswerden würde, aber sie nach Arbeitsrecht noch ne Weile ertragen müsst? Zack, anzeigen. Lästige Nachbarn? Einfach in dessen WLAN und einen bösen Link aufmachen, um den Rest kümmert sich das BKA.

  4. Vermutlich passiert so etwas, weil sich die, die sich nicht wehren können betroffen sind – wie so oft. Würden die Altherrenvereine, die unser Land regieren dieser Bedrohung ausgesetzt sein, dann wäre sicherlich schon längst etwas passiert. Versucht mal den Fiskus zu hintergehen oder lasst mal euren Köter auf dem Bürgersteig sein Geschäft verrichten, was meint ihr wie schnell eine Anzeige samt Sanktionen eintrudelt – von den aufmerksamen Gesetzeshütern die tagsüber herumflanieren oder von aufmerksamen Mitbürgern. Traurig aber wahr…

  5. Hab ich vergessen zu erwähnen: ich bin sehr wohl für Kontrolle und Verbot solcher Inhalte, ob über Provider oder wie auch immer. Hierfür muss eine Lösung gefunden werden. Was klar ist: solche Inhalte können nicht geduldet werden, es muss jede Möglichkeit der Darstellung vermieden werden.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert