Politik

Stéphane Hessel: Empört Euch

Indignez Vous!Stéphane Hessel

Der Mann ist 93 Jahre alt. Und es ist tief beeindruckend, was der französische Widerstandskämpfer Stéphane Hessel schreibt und wie er die Jugend von heute (und nicht nur die) auffordert, nicht in Bequemlichkeit zu erstarren, oder zu glauben, man könne eh nichts ändern an den bestehenden Ungerechtigkeiten dieser Welt:

Das ist fast so etwas wie die allerletzte Etappe: 93 Jahre. Das Ende ist nicht mehr fern. Welch eine Chance, an das Fundament meines politischen Engagements zu erinnern: die Jahre der Résistance und das Programm, das der Nationale Widerstandsrat vor 66 Jahren erarbeitete. In diesem Rat kamen alle im Widerstand aktiven Bewegungen, Parteien und Gewerkschaften im besetzten Frankreich zusammen und proklamierten ihre Treue zum Kämpfenden Frankreich und dessen Führer General de Gaulle.

Ein Auszug seines Pamphletes, das in Frankreich zum absoluten Bestseller geworden ist, wurde am Sonntag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung abgedruckt und ist nun auch frei zugänglich: Empört euch!

Wer den Text im französischen Original lesen möchte, kann ihn portofrei bei Amazon für 2,99 € bestellen: Indignez-vous!

Foto Stéphane Hessel: Quelle Wikipedia.

Literatur, Politik

Martin Haase: Ich sehe nicht, dass wir nicht zustimmen werden


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Der Vortrag zeigt auf, wie sich Politiker rechtfertigen, wenn sie gegen ihre Argumentation und die Überzeugungen entscheiden oder handeln, für die sie stehen. Es ergibt sich dabei eine extreme Zwangslage, denn es ist oft nicht so einfach möglich, die zuvor vorgebrachten Argumente aufzugeben. Also muss auf Leerformeln, Nebelkerzen, Scheinargumente und spezielle grammatische Mittel zurückgegriffen werden, die die Regresspflicht mindern (Konjunktive, doppelte Verneinungen, Modalpartikeln usw.); dabei sind Kunstgriffe nötig, die über die inzwischen hinlänglich bekannte Leyen-Rhetorik hinausgehen.

Das ist nicht nur eine scharf beobachtete Analyse von politischen Worthülsen und dem sich Verstecken hinter doppelten Verneinungen und sonstigen linguistischen Tricks politischer Akteure, sondern auch ganz große Unterhaltung. Absolut sehenswert, was Martin Haase (@martinhaase, neusprech.org) auf dem Chaos Communication Congress referiert hat: «Ich sehe nicht, dass wir nicht zustimmen werden. Die Sprache des politischen Verrats und seiner Rechtfertigung» (Info und Vortragsfolien auf den Seiten des 27C3).

Literatur, Politik, Video

Offener Brief von Mario Sixtus in Sachen Leistungsschutzrecht

Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger, bereits im August hier im Blog behandelt, ist ein so irrsinniges Ansinnen der Verleger, dass man sich nur fragen kann, wie dreist und vorbei an der Realität so etwas angedacht werden kann. Mario Sixtus findet deutliche Worte zu diesem hilflosen Versuch der Verleger, sich verpasste Chancen per Gesetz honorieren zu lassen. In seinem offenen Brief an Springer, Holtzbrinck, Burda & Co., veröffentlicht auf Carta, schreibt er:

Liebe Verleger,

das tut jetzt vielleicht ein wenig weh, aber einer muss es mal deutlich sagen: Euch hat niemand gerufen! Niemand hat gesagt: “Mein Internet ist so leer, kann da nicht mal jemand Zeitungstexte oder so was reinkippen?“ Ihr seid freiwillig gekommen, und ihr habt eure Verlagstexte freiwillig ins Web gestellt. Zu Hauf. Und kostenlos. Ihr nehmt keinen Eintritt für die Besichtigung eurer Hyperlink-freien Wörterwüsten, weil ihr genau wisst, dass niemand dafür Geld ausgeben würde. Ihr habt seriöse und un- seriöse SEO-Fritzen mit Geld beworfen, damit Google eure Seiten besonders lieb hat. Ihr seid ohne Einladung auf diese Party gekommen. Das ist okay, ihr könnt gerne ein wenig mitfeiern. Prost! Aber wisst ihr, was gar nicht geht? Dass ihr jetzt von den anderen Gästen hier Geld kassieren wollt. Sogar per Gesetz. Verleger: geht’s noch?

Weiter auf Carta: Verlegerforderung Leistungsschutzrecht: Ja, habt ihr denn überhaupt keinen Stolz?

Update 30.12.2010: Wie Mario Sixtus gerade informiert, hat DRadioWissen den Text auch gesprochen. Kann man sich hier anhören:

[flash]http://wissen.dradio.de/liebe-verleger.download.42744d26a85347252a21a638f6cff84b.mp3[/flash]

Artikel, Politik

Appell für WikiLeaks

wikileaks-appell

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen:

Artikel 19: „Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“

Der Freitag, die tageszeitung, die Frankfurter Rundschau, Perlentaucher.de, European Center For Constitutional Rights (ECCHR), Der Tagesspiegel und die Berliner Zeitung haben heute zeitgleich diesen Appell gegen die Angriffe auf Wikileaks veröffentlicht: Appell gegen die Kriminalisierung von Wikileaks.

Ich begrüße das ausdrücklich und habe den Appell bei Der Freitag unterzeichnet.

Zum Thema WikiLeaks verweise ich nochmals auf die sehenswerte Dokumentation WikiRebels – The Documentary.

Politik

Elektrischer Reporter zur Netzneutralität

Die zweite Dummy-Ausgabe des Elektrischen Reporters ist da. Es geht um Netzneutralität:

In der zweiten Folge von ePolitik haben wir uns mit dem Thema Netzneutralität beschäftigt. Dabei geht es um nicht weniger als um die Zukunft des Netzes: Bleibt es neutral und befördert alle Daten gleichermaßen, ohne auf Art und Inhalt zu achten oder werden zukünftig die Provider das Netz nach ihren Vorstellungen managen? Viele befürchten, dass sich die Struktur des Netzes grundlegend ändern könnte und es zu einer Art Kabelfernsehen degeneriert. Provider und die Bundesnetzagentur sehen dagegen kein Problem in einem intelligenten Mehrklassennetz.

Politik, Video

Macht der Lobbyisten gefährdet die Demokratie

Harald Schumann hat im Tagesspiegel einen sehr beeindruckenden Artikel veröffentlicht. Er warnt darin eindringlich davor, dass es mit dem von der aktuellen Regierung auf die Spitze getriebenen Lobby-Einfluss so nicht mehr weitergehen kann. Fassungslos mussten wir alle zur Kenntnis nehmen, wie sich die Regierung Merkel/Westerwelle von der Atomlobby über den Tisch ziehen ließ. Auch die Vorgängerregierungen mit SPD-Beteiligung haben sich auf diese dem Gemeinwohl entgegenwirkende gefährliche Nähe von Großkonzernen und Regierenden eingelassen. Das zeigt sich auch darin, dass immer mehr Politikaussteiger von der Privatwirtschaft mit lukrativen Posten in Branchen belohnt werden, für die sie zuvor wohlwollende Politik betrieben haben. Schumann fordert eine Stärkung der Parlamentarier, um die Erosion der Machtkontrolle des Parlamentes zu bremsen. Nun ist der Artikel leider nicht in der BILD erschienen, da würde er auch kaum gelesen, da er mehr als 5 Zeilen Text enthält, sondern im Tagesspiegel. Wer noch längere Texte aufnehmen kann, lese sich das bitte durch:

Verkommt Deutschland also zur Lobby-Republik? Betreiben finanzstarke Interessengruppen eine „schleichende Unterwanderung der demokratischen Entscheidungsfindung“, wie die Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt beklagte? Der Schluss liegt nahe und erklärt doch wenig. Schließlich ist das Wirken der Gesetzeseinflüsterer in der Lobby, der Eingangshalle der Parlamente, so alt wie die Demokratie selbst. Das Werben für Interessen aller Art bei Volksvertretern und Regierenden gehört seit je genauso zum demokratischen Prozess wie Wahlen und Parlamente. Auch Umwelt- oder Sozialverbände betreiben Lobbyismus. Und doch ist das Unbehagen über den wachsenden Einfluss ungewählter Interessenvertreter auf das Handeln der Regierenden nur allzu berechtigt. Denn es sind eben nicht Greenpeace oder die Arbeiterwohlfahrt, sondern Wirtschaftsverbände und Konzerne, deren heimliche Einflussmacht immer größer wird.

Harald Schumnann: Lobbyisten – Die Einflüsterer der Republik, erschienen im Tagesspiegel, 11.12.2010.

Ich verweise bei der Gelegenheit noch mal auf die sehenswerte Dokumentation Lobbykratie – Die inoffizielle Macht (3sat – Scobel, Ausstrahlung 02.09.2010), in der sich der Wissenschaftsjournalist Gert Scobel auf 3sat eingehend mit den Gefahren des überhand nehmenden Einflusses der Lobbyisten auf eine funktionierende Demokratie beschäftigt hat.

[via @hjbove]

Artikel, Politik

WikiLeaks: WikiRebels – The Documentary & 3sat-extra

Das schwedischen Fernsehen SVT hat eine Dokumentation über Wikileaks gezeigt, bei der die Journalisten Bosse Lindquist und Jesper Huor Julian Assange und sein Team für 6 Monate begleitet hatten. Die knapp einstündige interessante Doku WikiRebels – The Documentary kann, wie in den Kommentaren von Netzpolitik zu lesen ist, auf YouTube gesehen werden:

[Update 26.12.10: Den Film gibt es – dank der Ausstrahlung am 19.12.10 auf ORF – auch auf deutsch: WikiLeaks – Rebellen im Netz.]


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Heute Abend beschäftigt sich auch 3sat Extra unter dem Titel Jagd auf Wikileaks – Freies Netz oder Datenterror? mit dem Thema:

Der Gründer von Wikileaks, Julian Assange, ist hinter Gittern, die Internetplattform vom Vermieter Amazon gekündigt, der Geldverkehr teilweise gestoppt. Der Fall vom gefeierten Aufklärer zur Persona non grata ist tief.

3sat, 10.12.2010, 21:30 – 22:00 Uhr. Zu Gast in der Sendung sind u.a. Ossi Urchs und Wolf von Lojewski.

Politik, TV, Video
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