Bravo, Elke!

Heute morgen wurde ich auf Twitter gefragt, wie denn die heutige Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung so sei und ich antwortete kurz, dass im Feuilleton eine 2. Kampfansage von Elke Heidenreich zu lesen sei. Da hatte ich sie allerdings noch nicht gelesen. Wohl aber jetzt, und obwohl ich kein großer Freund von Elke Heidenreich bin, und ihre Sendung «Lesen!» nicht schaue, gilt ihr mein ganzer Respekt und ich sage: «Bravo Elke!».

Nochmal kurz zur Einordnung: Was war geschehen? Marcel Reich-Ranicki lehnt – wie hier zu sehen – am vergangenen Wochenende den Deutschen Fernsehpreis ab und findet sehr viel Beifall dafür. U.a. auch von Elke Heidenreich, gleich am Tag nach dem Bekanntwerden der Nachricht. Ich hatte ihren 1. Artikel vom 12.10.2008 ja verlinkt: «Reich-Ranickis gerechter Zorn».

Dann folgt letzten Freitag Gottschalks Sendung mit MRR im ZDF, über die wir besser den Mantel des Schweigens hüllen. Ein übel argumentierender Gottschalk bietet die ihm vermutlich vom Sender angetragene Argumentation dar, das TV sei deshalb so schlecht, weil gute Sachen keine Quoten bringen würden. Ich kann es nicht mehr hören, dieses Fürdummverkaufen-Wollen des Publikums, weil mensch keine kreative Energie mehr aufzubringen bereit ist. Der ZDF-Intendant Markus Schächter legt unterdessen Mitte der Woche Elke Heidenreich nahe, ihre Sendung nicht mehr weiterzumachen, wenn sie das Fernsehen und den Sender ZDF so sehr kritisiere (s. FAZ-Artikel vom 17.10.08 Heidenreich und das ZDF – Beim Wort genommen).

Nun kommt heute Elke Heidenreichs 2. Antwort und eine Fortsetzung ihrer Kampfansage. Überaus lesenswert und vollkommen berechtigt im harten Ton. Die Schriftstellerin und Fernsehmoderatorin versteht es zumindest, uns zu unterhalten. 😉 Doch es geht um mehr: um die Chance Kultur im Fernsehen nicht nur noch für eine kleine, bis spät in die Nacht aufbleibende Minderheit zu machen, die vom Trash-TV und sinn- sowie -niveaulosem Schrott im Fernsehen angewidert ist. Bravo, Elke:

Die Herren sind von mir enttäuscht. Ich von ihnen auch. Das ist aber vollkommen uninteressant. Es geht um viel mehr als persönliche Aversionen. Es bleibt über alle Programmdiskussionen hinaus, die jetzt bitte unbedingt in den Feuilletons geführt werden müssen, der schale Nachgeschmack dieses Gala-Abends, an dem keiner der Herren in der Lage war, ein entschuldigendes, ein erlösendes Wort zu sprechen.

Hier geht’s zum kompletten Text (in der gedruckten Ausgabe der FASZ von heute, 19.10.2008, zu finden auf S. 32): «Der Kampf fängt gerade erst an!».

Update 23.10.08, 14:45 Uhr: «ZDF trennt sich von Elke Heidenreich».

14 Kommentare zu „Bravo, Elke!“

  1. Ja, ich fand den Text auch gut. Ich mag sie auch recht gern, kenne sie noch nicht lange. ich fand die sendung auch übel, aber eher wegen mrr als wegen gottschalk. der hat seine sache imo gut gemacht, mrr wirkte hingegen wie ein 88jähriger meckerhannes ohne verstand, jedoch nicht wie ein führender intellektueller. völlig unvorbereitet und unwissend rübergebracht zieht generalkritik nicht. da ist die heidenreich viel besser informiert und daher auch lesenswerter. hatte den text gestern schon auf faz.net gelesen (auch wenn sie sagen, er sei erst seite heute online), daher hatte ich nicht auf den Tweet geantwortet. Jetzt ist auch raus, wer Dich gefragt hatte, hihi

  2. @Faustus: Ja, auch MRR war in der Freitags-Sendung nicht sonderlich überzeugend (ich wollte ja den Mantel des Schweigens über die Sendung hüllen, weil sie so schlecht war). Aber Du hast Recht, auch MRR in der Sache zu nennen. Gottschalk erwähnte ich deshalb nochmal explizit, weil mich dieses (nie so konkret formulierte, aber oftmals gedachte) Argument, die Leute sind alle blöd, Du kannst ihnen nur Schwachsinn vorsetzen, so maßlos ärgert.

    Zu Deiner Frage nach der FASZ auf Twitter: Du warst als Fragesteller im Tweet ja zweifach ersichtlich:
    1. durch das einleitende @unreality
    2. durch Klick auf das abschließende …in reply to unreality 😉

  3. ach herrje, den Link hab ich ganz übersehen, ich eingebildeter schnösel. Übrigens war es MRR der die Menschen, die Gottschalk, müde, überarbeitet und ungebildetet nannte als “primitiv” bezeichnet hat. Fand ich schon recht hart…

  4. Ja, ich weiß, der Post ging um Frau Heidenreich, aber zu der hab ich ja auch was geschrieben 😉

    Und zum Dummheitsargument: Ich hasse es auch wie die Pest. Wie gesagt in meinem Lieblingsfilm gibt es da so ne Szene, da sprechen die Hauptdarsteller mit einem Schauspieler und der berichtet von den blutrünstigen Stücken die sie aufführen. Da fragt der eine “Und sowas will das Publikum sehen” und der Schauspieler antwortet nur “Das zeigen wir ihm.” Und dann, als Konsequenz WILL es das ja auch sehen. Naja.

  5. Twitter hier twitter da. Also auch für den Fall das ich daneben liege und den Trend verschlafe.

    Ich bitte darum weiter zu Bloggen!! Bitte mit den mini Nachrichten kann man meist nichts anfangen..

  6. Gerald: bei mir liegst Du da aber an der falschen Stelle: bei mir hat das Bloggen nicht unter dem Twittern gelitten (im Gegenteil: ich habe über Twitter sehr viele interessante Informationen und Menschen kennengelernt, die dieses Blog sehr bereichert haben).

  7. Auch kann Elke Heidenreich nicht nur zustimmen. Die Tatsache, der Tanz um die heilige Quote einen nicht zu leugnenden Anteil an der sich vermindernden Qualität des Programms hat, ist richtig und war auch nie ein Geheimnis. Tatsächlich aber scheinen die öffentlich rechtlichen sich von ihr unter Druck gesetzt zu fühlen und übersehen in ihrer Buhlschaft um Publikum, dass sie beginnen die selben Fehler zu begehen, die die Privaten begehen: sie kopieren deren billige Unterhaltungskonzepte, die diese wiederum von anderen Abgeschrieben haben. Nicht umsonst kritisieren eine Reihe amerikanischer Autoren deren Unterhaltungsbranche. Da frage ich mich: wieso müssen wir so etwas in jeder Form kopieren. Doch es ist zu befürchten, dass Reality-TV noch nicht der zu erreichende Boden ist. Hauptsache billig produziert und maximal unterhaltsam.

  8. @r|ob: Danke für den Hinweis. Aber das ist ja wirklich ein sehr übler, oberflächlicher Verriss der Heidenreich’schen Kritik. Ich finde, der Kommentar von Moika unter dem Artikel von Frau Röhl trifft die Sache ganz gut:

    Es ist schon befriedigend festzustellen, daß, im Gegensatz zu Frau Röhls brutal-vulgärer schwarz-weißen Medienschelte, die meisten Kommentatoren ihres Beitrages den Unterschied zwischen gerechter Kritik und Diffamierung nicht nur kennen – sondern sich auch dem entsprechend äußern.

  9. Pingback: Elke Heidenreichs Lesen! ab sofort im Netz: litCOLONY » Text & Blog – Das Weblog von Markus Trapp

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