David Foster Wallace. Foto: Wikipedia.
Ende August 2009 erscheint «Infinite Jest» von David Foster Wallace – nach sechsjähriger schöpferischer und detailgetreuer Übersetzungsarbeit von Ulrich Blumenbach – endlich auch auf deutsch. Muss man das lesen? 1.646 Seiten? Müssen muss man gar nichts. Können sollte man dürfen. Und das kann man ab dem 24. August 2009.
In dieser Woche war ich, wie berichtet, auf dem David Foster Wallace-Abend im Hamburger Literaturhaus. Ulrich Blumenbach hat das Unmögliche möglich gemacht und hat den als kaum zu übersetzend geltenden Roman Infinite Jest von David Foster Wallace ins Deutsche übertragen. In sechsjähriger Übersetzungsarbeit. Das muss man sich mal vorstellen: sechs Jahre Arbeit an der Übertragung eines Buches. Die Neuerfindung der Sprache, die Foster Wallace in seinem postmodernen Roman vorgenommen hat, ist von Ulrich Blumenbach nach minutiösen Recherchen und in einem selbstverständlich die eigene Kreativität des Textschaffenden fordernden Prozess vom Englischen ins Deutsche übertragen worden. Unfassbar und dafür gehört dem Übersetzer-Kollegen mein ganz großer Respekt.
Sitzend v.l.n.r: Denis Scheck (Kritiker), Ulrich Blumenbach (Übersetzer) und Helge Malchow (Verleger)
Nun warten alle interessierten Leser auf den 24. August 2009, auf den Tag an dem einer der wichtigsten Romane der us-amerikanischen Gegenwartsliteratur – manche sagen bereits der Weltliteratur – im Verlag Kiepenheuer & Witsch auf deutsch erscheinen wird.
Der Roman kann bereits jetzt schon bei amazon, oder beim Buchhändler der eigenen Wahl, vorbestellt werden: David Foster Wallace: Unendlicher Spaß. Der Verlag selbst spricht von «dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags».
Um die Zeit bis dahin zu überbrücken und um sich schon einmal auf dieses außerordentliche Lese-Vergnügen vorzubereiten – das angesichts von 1.648 Seiten in deutscher Übersetzung sicher auch ein Stück Lese-Arbeit darstellen wird – gibt es ein mit 90 Seiten erfreulich dünnes Büchlein mit Zusatzmaterialen
Dort schildert Ulrich Blumenbach ganz konkret
Zum Beispiel die Übersetzung der durch Firmen-Marken gesponsorten Jahre: In Wallaces 1996 vollendetem Science-Fiction-Roman, dessen größter Teil der Handlung übrigens im Jahr 2009 spielt (so dass wir uns gerade in diesem Jahr auf eine ganz besondere Lektüre freuen dürfen), ist der Gregorianische Kalender durch den Sponsoren-Kalender ersetzt worden. Firmen sponsoren Jahre und dürfen diese mit Ihren Produktnamen benennen. Was für eine abgefahrene Vorstellung, und doch gar nicht so fern der Umbennenungs-Rrealitäten, wie wir sie aus Sportstätten-Umbenennungen ja kennen. Und da gibt es zum Beispiel das «Year of Glad». Dazu schreibt Blumenbach:
Als Übersetzer unternehme ich eine Gratwanderung, wenn ich dem Original treu bleiben möchte, ohne dem deutschen Leser Informationen vorzuenthalten. Wieviel Erläuterung verträgt eine Übersetzung? Der Markenname »Glad« ist im Deutschen unbekannt, wenn ich ihn also englisch stehen lasse, wird die Bezeichnung als verkürztes Jahr des Fröhlichseins oder Ähnliches missverstanden. Ich habe behutsam parafrisiert und vom »Jahr des Glad-Müllbeutels« gesprochen.
Und Blumenbach vermittelt in seinem auf das Gesamtopus vorbereitenden Büchlein auch das, was bei der Lesung am Montag – bei der ich teilweise wirklich Tränen gelacht habe – auch deutlich wurde: Auch wenn es sich bei Foster Wallace um einen sehr kritischen Menschen handelt(e), der am Ende am Leben (oder soll ich sagen, an seinen Depressionen?) gescheitert ist (er brachte sich im September 2008, erst 46 Jahre alt, um), hat er Texte voller Humor geschaffen. Auch Infinite Jest ist so ein Text, eben ein Unendlicher Spaß. Ich freu mich drauf.
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Bisher zu diesem Thema auf «Text & Blog» erschienen:
- Ulrich Blumenbach übersetzt David Foster Wallace: Unendlicher Spaß, 4.07.09
- Ulrich Blumenbachs Übersetzung von David Foster Wallaces «Infinite Jest» (mit Deutschlandfunk-Interview zum Nachhören), 11.01.09
Ich habe die Übersetzung auch schon vorbestellt und sehne den 26. August herbei. Danke für deinen Bericht über die Lesung. Das scheint sehr interessant gewesen zu sein.
@der tooby: Der 24. August ist es (also noch 2 Tage früher ;-). Ja, das war eine sehr gelungene Veranstaltung, mit optimal zusammenspielendem Dreigestirn aus Kritiker, Übersetzer und Verleger.
Mit Verlaub, mich macht’s betroffen und es wirkt auf mich wie: Bielefeld. Aber vielleicht wird’s das Buch ja wirklich geben.
@R: Mit dem Unendlichen Spaß ist es am Ende wie mit Bielefeld: es handelt sich nur um ein Gerücht, dass es das gar nicht gäbe.
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Und jetzt ist U. Blumenbach mit dem Übersetzerpreis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet worden!
(s. z.B. http://www.faz.net/s/Rub1DA1FB848C1E44858CB87A0FE6AD1B68/Doc~E0D998DEDDD874CAA900C509BB37C6DF6~ATpl~Ecommon~Scontent.html)
Hast du den Roman eigentlich ganz gelesen?
@Carmen: Ich hab mich gestern sehr gefreut, dass er den Übersetzerpreis auf der Leipziger Buchmesse bekommen hatte. Hab es sogar öffentlich als Tipp prognostiziert, dass er es sein wird, der ihn bekommen wird (in einem Eintrag auf der Facebook-Seite meiner Übersetzer-Kollegin Isabel Bogdan, den man aber nur sehen kann, wenn man mit ihr auf Facebook befreundet ist).
Der Literaturübersetzerverband hat natürlich gleich eine Pressemeldung (PDF) zu dieser wunderbaren Preisverleihungs-Nachricht veröffentlicht und auf den Übersetzerporträt-Seiten der Nominierten hab ich die frohe Kunde gestern schon wenige Minuten nach der Verleihung eingetragen. Dort gibt es auch ein schönes Porträt von Uli Blumenbach zu lesen.
Gelesen hab ich das Mammutwerk leider immer noch nicht. Aber es liegt hier in Sichtweite, während ich diesen Kommentar schreibe und schaut mich grimmig (zumindest nicht mit unendlichem Spaß) an. 😉