Burkhart Kroeber reagiert auf Artikel von Thomas Steinfeld

Blick in die Buch-Kristallkugel
Foto: photocase.com

Thomas Steinfeld hat gestern in der Süddeutschen einen Artikel veröffentlicht, den ich nur mit Unverständnis und fassungslosem Kopfschütteln zu Ende lesen konnte. Es geht darin um den Streit zwischen Verlegern und Übersetzern (siehe dazu auch «Berliner Erklärung der Literaturübersetzer»).
Steinfeld sieht in diesem Konflikt die Übersetzer in der Schuld, weil sie ein angeblich gutes Angebot der Verlage nicht annehmen. Der Artikel «Ein Haus für Rechthaber – Übersetzer und Sprachpfleger: Wer verfügt über Kultur?» ist online nur Abonnenten zugänglich.
Heute hat Burkhart Kroeber, unter anderem Übersetzer der Werke von Umberto Eco und Italo Calvino, im Perlentaucher die passenden Worte gefunden, um auf den einseitigen Artikel von Steinfeld zu reagieren:

Anders steht es bei kulturpolitischen Themen wie dem sog. “Übersetzerstreit”. Hier kann jeder Nachrichtenredakteur oder Kommentator ungeprüfte Behauptungen in die Welt setzen, abenteuerliche Zusammenhänge konstruieren und das Ganze zu apodiktischen Meinungen kondensieren, ohne auch nur im Ansatz irgend etwas zu recherchieren. So hat es der frischgebackene Feuilletonchef der Süddeutschen Zeitung, Thomas Steinfeld, gerade wieder mal exemplarisch vorgeführt. Ihm zufolge ist die Tatsache, dass die Zahl der ins Deutsche übersetzten Titel im vergangenen Jahr um fast dreißig Prozent zurückgegangen ist, auf den hartnäckigen Wunsch der Übersetzer nach besseren Honoraren zurückzuführen.

Weiter im Perlentaucher: «Zum sogenannten neuen Übersetzerstreit».
Danke Burkhart für diese Replik. Herrn Steinfeld und die Süddeutsche Zeitung möchte ich fragen: Brauchen wir von nun an auch ein SZ-Blog, das dem Beispiel des Bildblogs folgend (dort werden die Fehler der Bildzeitung recherchiert und korrigiert), die journalistischen Fehlgriffe der SZ “aufarbeitet”?

Update 14:40 Uhr: Ich bin begeistert, wie die Literaturübersetzer sich so eine Behandlung keineswegs gefallen lassen und nicht nur mit obigem Artikel, sondern auch mit der Veröffentlichung ihrer Leserbriefe an Thomas Steinfeld reagieren. Als Webmaster unserer VdÜ-Seite habe ich eben die Leserbriefe der Kolleginnen und Kollegen, die der Veröffentlichung zugestimmt haben, auf die Homepage gesetzt. Mit folgendem Text werden sie dort unter Aktuell angekündigt:

Ein Artikel von Thomas Steinfeld, Feuilletonchef der „Süddeutschen Zeitung“, in der SZ vom 2.2.07 (Titel: “Ein Haus für Rechthaber”) hat unter den Literaturübersetzern große Empörung ausgelöst;
Steinfeld behauptet darin, die Literaturübersetzer vergäßen die kulturelle Dimension ihrer Tätigkeit; ihr Wunsch nach einer angemessenen Honorierung, wie sie das Urhebervertragsrecht vorsieht, sei
„pedantisch“ und „phantastisch“. Reaktionen der Literaturübersetzer finden Sie [hier].

4 Kommentare zu „Burkhart Kroeber reagiert auf Artikel von Thomas Steinfeld“

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  4. Alles mit Maßen: ein Honoraspiegel der Freien Lektorinnen:
    Übersetzungslektorat – zusätzlich Prüfung auf Übersetzungsfehler:
    ab 45 E/h.

    Heidi 2.0 meint: angemessen; denn da
    nach Charlotta Mellander und Richard Floriada Kultur und Kreativität den Wert einer Region steigern, steigern Lektorinnen mit. Davon sollen Sie was HABEN! Und Übersetzer auch!

    Liebe Grüße
    Heidi 2.0

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