Berliner Erklärung der Literaturübersetzer

Disclaimer vorneweg: Ich bin als Übersetzer Mitglied des Verbandes der deutschsprachigen Literaturübersetzer (VdÜ).

Wir hatten am Wochenende in Berlin unsere Mitgliederversammlung, dort haben wir eine „Berliner Erklärung“ einstimmig verabschiedet, deren Hintergrund ich gerne erläutern möchte und deren Text ich auch hier im Blog veröffentlichen möchte.

Es hat sich bei vielen schon herumgesprochen, dass literarische Übersetzer viel zu wenig verdienen, dafür dass sie eine sehr wichtige Arbeit leisten. Alle Werke, deren Originalsprache wir nicht kennen, können wir nur lesen und wertschätzen, weil es Übersetzerinnen und Übersetzer gibt, die sich die Mühe machen, diese Werke so in unsere Sprache zu übertragen, dass wir eine Ahnung davon bekommen, was das Original uns wohl sagen wollte.

Die Verlage verdienen an diesem Prozess, doch sind sie selten bereit, diese Erträge auch angemessen an die Übersetzer weiterzugeben. Deutlich gemacht haben sie das wieder einmal in einem kürzlich veröffentlichten „Münchner Modell“ (siehe Meldung im Börsenblatt des Deutschen Buchhandels), das sogar einen Rückschritt gegenüber bisherigen Vergütungen darstellt, aber nach außen als Wohltat und Entgegenkommen gegenüber den Übersetzern verkauft werden soll.

Ich empfinde dieses Verhalten von Verlagsseite nicht nur als höchst ungerecht, sondern als ausgesprochen unfair und habe deshalb – wie allen anderen im Literarischen Colloquium Berlin versammelten Literaturübersetzer – der Berliner Erklärung zugestimmt. Und dies ist der Text der Erklärung:

Berliner Erklärung

27. Januar 2007

Übersetzer machen sich stark für angemessene Vergütung

Seit fünf Jahren gibt es das neue Urhebervertragsrecht. Erklärtes Ziel dieses Gesetzes ist, einen skandalösen Zustand zu beenden. Bis 2002 bestimmten Verwerter urheber-rechtlicher Leistungen die Honorare praktisch allein. Mit gravierenden Folgen: Seit Jahrzehnten sinkt das Einkommen der Literaturübersetzer im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten. Mit einem durchschnittlichen Einkommen von 1.000 Euro im Monat leben sie an der Armutsgrenze, mit Kindern mitten in Hartz IV. Das neue Urhebervertragsrecht räumt ihnen endlich einen Anspruch auf angemessene Vergütung ein. Als angemessen kann laut Gesetz nur gelten, worüber sich Urheberverbände und Verwerter in fairen und freien Verhandlungen geeinigt haben.

Nun zeigen die deutschen Verlage, dass sie den Kern des Gesetzes nicht zur Kenntnis nehmen. Mit dem so genannten „Münchner Modell“ versucht die AG Publikumsverlage, die angemessene Vergütung ohne Rücksprache mit den Übersetzern allein zu bestimmen. Die darin vorgesehene Vergütungsstruktur fällt hinter die bisher gewährten Beteiligungen und den alten „Bestsellerparagraphen“ zurück – ein Sparprogramm der Verlage auf Kosten der Übersetzer.

Der VdÜ/Bundessparte Übersetzer hat das „Münchner Modell“ auf seiner Mitgliederversammlung in Berlin am 27. 1. 2007 einstimmig abgelehnt. Die Literaturübersetzer sind weiterhin bereit, mit den Verlagen konstruktiv zu verhandeln und eine gemeinsame Vergütungsregel aufzustellen. Kernpunkte einer solchen Regel müssen höhere Grundhonorare und eine nicht verrechenbare Beteiligung an Verkaufs- und
Nebenrechtserlösen sein.

Nur dann wird es auch künftig Weltliteratur in guter deutscher Übersetzung geben.

Diese Erklärung steht auch auf der Homepage des VdÜ zum Download im Format pdf bereit.

[via VdÜ Aktuell]

3 Kommentare zu „Berliner Erklärung der Literaturübersetzer“

  1. Pingback: Text & Blog » Burkhart Kroeber reagiert auf SZ-Artikel von Thomas Steinfeld

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