Stellet Licht: Film über Mennoniten in Mexiko

Stellet Licht Heute möchte ich Euch einen Film vorstellen, der mit zweijähriger Verzögerung in Hamburg und Berlin in die Kinos gekommen ist: «Stellet Licht» des Mexikaners Carlos Reygadas.

Der Film handelt von den zumeist noch in den Traditionen des 19. Jahrhunderts lebenden und auch heute noch plattdeutsch sprechenden Mennoniten im Norden Mexikos, in Cuauhtémoc im Bundesstaat Chihuahua. Doch zuerst ein Bild von mir aus meiner Zeit in Chihuahua, wo ich vor fast 20 Jahren für ein Jahr gelebt habe. Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Dazu später mehr.

Markus beim Kofferpacken in Chihuahua

«Stellet Licht» hat in Cannes, Chicago und Cuba Preise abgeräumt. Bei dem Titel würde man zunächst keinen mexikanischen Film vermuten, doch Carlos Reygadas (der schon den genialen Film Japón gedreht hatte) hat seinen Film bewusst nicht «Luz silenciosa», sondern eben mit dem plattdeutschen Titel «Stellet Licht», unschwer erkennbar auf deutsch «Stilles Licht», genannt. Worum es in dem Film geht, samt knapper Zusammenfassung der Auswanderungs-Geschichte der Mennoniten, kann in der arte-Rezension nachgelesen werden. Ich zitiere hier nur die Inhaltsangabe:

Bauer Johan lebt mit Frau und sechs Kindern in einer Mennonitengemeinde in der Provinz Chihuahua, Nordmexiko. Gegen die Gesetze Gottes und der Menschen hat er sich in eine andere Frau verliebt.

Hier der Trailer, dort hört man auch wie die Mennoniten sprechen. Ist schwer zu verstehen, doch es ist tatsächlich plattdeutsch:


Direktlink YouTube

Aktuelle Filmvorstellung in der taz von Christina Nord: Moderne Mennoniten. Sie schwärmt von der großen Schönheit des Films und von der Ergriffenheit, die sich beim Betrachten einstellt.

Und jetzt wieder zurück zu meinem Foto. So sah ich damals mit den langen Haaren tatsächlich aus. Und als ich einmal mit Freunden von Chihuahua aus nach Cuauhtémoc gefahren war, haben wir einen mexikanischen Verwandten besucht, der Kontakte zu den Mennoniten hatte. Er versprach, uns so ein Mennoniten-Dorf zu zeigen und die Leute, die er da kannte, mit uns zu besuchen. Wir sind in ein Dorf namens Gnadental gefahren und was wir dort sahen, war unglaublich. Wie mit der Zeitmaschine 100 Jahre zurück befördert. Die Mennoniten lehnen ja so gut wie jeden Fortschritt ab und leben dort noch wie vor 100 Jahren. Und als ich ihnen von dem mexikanischen Bekannten als Deutscher vorgestellt wurde, wollten sie das nicht glauben. Ein Mann mit langen Haaren soll ein Deutscher sein? Undenkbar! Einer sagt damals zu mir: «Du bisch känn Deitscher, Du bisch e Russ». Warum er mich für einen Russen hielt, hab ich nicht herausbekommen. Aber ein guter Deutscher sieht in den Augen der mennonitischen Tradition (leider eine Kultur mit sehr begrenztem Horizont, um es vorsichtig auszudrücken), nicht so aus wie ich damals. Schade, dass ich die Fotos, die ich damals mit den Mennoniten gemacht habe, gerade nicht finde. … Da kommt mir eine Idee. Moment ich schau mal nach …

Jawoll, in den Briefen, die ich damals an meine Eltern schrieb, hab ich noch ein Mennoniten-Foto gefunden, hier ist:

Markus (mitte) bei den Mennoniten

So sehen die Leute aus, und mittendrin der langhaarige Deutsche. Wie man auf dem Foto unschwer erkennen kann, war ich damals an einem Sonntag dort. Denn alle (außer mir) haben die gute Sonntagskleidung an.

Ich bin sehr gespannt, den Film diese Woche in Hamburg zu sehen, wahrscheinlich gehe ich am Mittwoch rein. Er läuft dort im 3001 Kino im Schanzenviertel, als plautdietsche O.m.U.. Die noch ausstehenden Termine sind: 13.-15.04. um 18.15 Uhr; 17.04. um 16.15 Uhr; 21. & 22.04. um 16.15 Uhr.

12 Kommentare zu „Stellet Licht: Film über Mennoniten in Mexiko“

  1. Danke für den Tipp, der Film interessiert mich. Ich kann zwar Plattdeutsch verstehen, aber dieses Plautdietsch ist wahrlich nicht leicht.

    Als Biologin frage ich mich natürlich, ob die Zahl der Individuen in dieser Population ausreicht, um den gesunden Fortbestand zu sichern … Oder kommt es zur Vermischung mit Fremden?

  2. @Claudia: Nee, Vermischung mit Fremden ist – zumindest in den mennonitischen Gemeinden – weder vorgesehen, noch erlaubt. Wer sich in Mexikaner verliebt, und das passiert schon mal, muss die Gemeinschaft verlassen.

  3. Vielen Dank für den Hinweis auf diesen Film. Ich hoffe, dass er hier zumindest in einem der Kinos gezeigt wird, das immer mal wieder auch Filme jenseits des sog. Mainstreams zeigt. Die Mennoniten ähnlich wie die Amischen sind schon ein besonderes Völkchen.

    Was die “Vermischung” angeht, sollte man vielleicht noch hinzufügen, dass es weniger um die Verhinderung der Vermischung mit anderen “Nationalitäten” geht als vielmehr nicht sog. “Ungläubige” zu heiraten. Da die Mennoniten aber ursprünglich aus Norddeutschland stammen (die Amische sind eine Abspaltung von den Mennoniten), sind die Mennoniten eben in der Regel weiße bzw. europäischstämmisch. Aber das Entscheidende für sie ist die Religionszugehörigkeit, weniger die Abstammung selbst.

  4. Danke Liisa, für die Präzisierung. Natürlich steht hier die Religion im Vordergrund; die Verhinderung der Vermischung mit anderen Nationalitäten ist nur die Folge dieser strengen religösen Bestimmungen.
    Und zum Film: hab gerade mal geschaut, ob er diesen Monat auf dem Festival Cine Latino in Tübingen läuft: aber leider Fehlanzeige. Dort kann ich Dir allerdings 3 Filme empfehlen: Tony Manero, Intimidades de Shakespeare y Víctor Hugo (sehr guter Dokumentarfilm) und Gigante.

  5. Ja, leider läuft der Film nicht auf dem Festival, da hatte ich auch schon geschaut. Danke auch für Deine Filmtipps. Über Cine Latino werde ich in Kürze auf Charming Quark auch wieder schreiben, so wie schon seit Jahren. ;o)

  6. Interessant, dass sie nicht generell jeden technischen Fortschritt seit der Entstehung der Menschheit ablehnen (etwa: Metallverarbeitung, Rad etc.), sondern nur ab einem bestimmten Datum, etwa 1900. 😉

  7. Schon gewöhnungsbedürftig, die Sprache. Ohne die spanischen Untertitel wäre ich verloren gewesen!

    Der Film ist bestimmt interessant. Besonders auch für dich, der du ja schon Kontakt mit den Mennoniten hattest. Das Beweisfoto hat was von Fotomontage.Und jetzt frag nicht, wer da wie nachträglich reinplatziert wirkt 🙂

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