Der verdiente Gewinner des Wettbewerbs von San Sebastián war Wayne Wang mit seinem Film «A Thousand Years Of Good Prayers». Der in Hong Kong geborene und in USA lebende Regisseur von Filmen wie «Blue in The Face» oder «Smoke» ist damit nach einigen Jahren der Abwesenheit auf die große Leinwand zurückgekehrt und war auch im Kino in San Sebastián anwesend, wie man anhand meiner dort geschossenen Fotos sehen kann.
Die bescheidene Quali der Fotos bitte ich zu entschuldigen, so sieht’s halt aus, wenn man ohne Blitz aus einiger Entfernung fotografiert. Lässig in seinen Sneakers vorne auf der Bühne beantwortete der großgewachsene Chinese die Fragen des internationalen Publikums in der Night-Session im Kursaal 2.
«A Thousand Years Of Good Prayers» erzählt die Geschichte eines älteren Chinesen, der seine 40-jährige Tochter in den USA besucht. Hauptdarsteller Henry O (Einigen vielleicht bekannt durch seine Mitwirkung in den «Sopranos») hat zurecht auch den Darsteller-Preis in San Sebastián gewonnen, denn er spielt die Rolle des lernwilligen Chinesen, der sich gleichzeitig Sorgen um seine nach ihrer Scheidung alleine lebende Tochter macht, gnadenlos gut. Sehr lustig sind die Szenen, wenn der alte Mann, meistens allein, während die Tochter arbeitet, versucht die für ihn fremde Welt zu verstehen. Mit dem Wörterbuch entschlüsselt er zum Beispiel die Kontaktanzeigen der Tageszeitung, immer lernwillig, immer wissbegierig und liest laut vor, während er übersetzt: Men-see-king-men, wo-men-see-king-wo-men. 😉
An die Lachsalven einer Screwball-Comedy kommen die Szenen heran, in denen er sich mit einer ebenfalls schon etwas betagten und sehr, sehr gebrochen Englisch sprechenden Exil-Iranerin auf einer Parkbank unterhält. Ich glaube hier haben vor allem die Spanier im Kino auch sehr gelacht, die durch eigenes Unvermögen, was die korrekte Aussprache des Englischen anbelangt, wohl eigene Sprachdefizite in den Dialogen in broken English erkannten. Schade, habe keine Videos zum Film gefunden, sonst hätte ich das gern mal vorgestellt. Muss man eigentlich sehen, kann man nicht beschreiben. Super witzig jedenfalls und ob der dramatischen Geschichten natürlich auch mit einem Lachen versehen, das einem im Halse stecken bleibt.
Ein Film jedenfalls den man sich ansehen kann. Nichts Weltbewegendes, keine Sensation, aber ein schöner, ehrlicher Film. Absolut unstrittige Entscheidung übrigens auch für die meisten Filmkritiker, was selten genug passiert.
Auf dem Rückflug vom Festival hab ich dann noch in der Sonntagsausgabe von El País gelesen, dass Jury-Präsident Paul Auster und Wayne Wang nach Streitigkeiten nach dem letzten gemeinsamen Filmprojekt sieben Jahre lang nicht mehr miteinander geredet hatten. Ein Schweigen, das Auster in San Sebastián brach und auf den aus China stammenden Regisseur mit den Worten zuging «Seven years are enough». Sehr schön. Die Preisentscheidung der Jury soll übrigens nichts mit dieser Rekonziliation zu tun haben. Auster meinte, als er erfuhr dass Wang am Wettbewerb teilnehmen würde, er hoffe, dass der Film auch sehr gut sei. 😉 Hier übrigens die Verkündung des Preises für Wayne Wang durch den Jurypräsidenten Paul Auster:
Direktlink YouTube
Auch gut gefallen hat mir ein weiterer Film von Wayne Wang, der damit gleich zweimal im Festival zu sehen war: «The Princess of Nebraska», die Geschichte einer Siebzehnjährigen, die um eine Abtreibung durchführen zu lassen in die USA kommt. Auch sie ist sehr wissbegierig, auch sie möchte lernen und sie notiert in ihr Tagebuch, sie habe ein Konzept der Amerikaner kennengelernt, das diese umzusetzen versuchen, um nach erfahrenen Krisen weiter zu kommen: You have to move on. Sehr gut fotografierter Film, gut gespielt von der noch sehr jungen Hauptdarstellerin Li Ling, ein Regieprojekt, dass Wyne Wang mit dem jungen Co-Regisseur Rich Wong (siehe YouTube-Video über die Zusammenarbeit der beiden) umgesetzt hat.
Beide Filme haben gezeigt, dass auch Wayne Wang für sich beschlossen hat to move on. Denn (auch ich möchte den Artikel in broken english beenden): spec-tators-see-king-good-mo-vies. 😉
per zufall habe ich den film mil anos de oracion im kino in burgos gesehen. auf spanisch (englisch) wohlgemerkt. war (und bin noch ) begeistert von der sensibilität und dem feinen humor des films 🙂
danke für ihre reportage über das festival.
Oh, ein später Kommentar zu einem wirklich guten Film. Burgos ist eine, wie ich finde, verschlafene, aber dennoch schöne Stadt, in der ich einmal im Jahr bin (meist von San Sebastián aus).
Freut mich, dass der Artikel gefiel!