Ein Buch, das ich gerade mit großem Interesse lese, von dem ich sehr fasziniert bin und das ich bereits jetzt – obwohl ich es noch gar nicht zu Ende gelesen habe – ganz unbedingt zur Lektüre empfehlen kann, ist «Kultur der Digitalität» (Leseprobe) von Felix Stalder.
Der Autor ist Professor für Digitale Kultur und Theorien der Vernetzung in Zürich. Ich habe Stalder schon 2013, wie ich gerade sah, sogar schon 2012, auf Twitter erwähnt, und leider wieder vergessen. Das wäre dann eher ein Beitrag zur Amnesie der Digitalität. Jetzt folge ich ihm auf Twitter (@stalfel) und bleibe am Ball. Aber ernsthaft: lest dieses Buch, es ist großartig.
Lecture: Felix Stalder – Die Politik der Digitalität. Zwischen Postdemokratie und Commons from Centre for Digital Cultures on Vimeo.
Mit der Ausbreitung des Internets zum Massenmedium nach der Jahrtausendwende wurden kulturelle Prozesse dominant, die geprägt sind davon, dass immer mehr Menschen aktiv an der Aushandlung der Fragen, was richtig und wichtig ist, teilnehmen. Die daraus resultierende Komplexität und Vielstimmigkeit bringt viele etablierte kulturelle und politische Ordnungssysteme, die schon lange unter Stress standen, endgültig an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit.
Zwei Tendenzen ergeben sich daraus. Zum einen werden neue Ordnungssysteme geschaffen, die die Ebene der Beteiligung von der Ebene der Entscheidungen trennen. Die kommerziellen sozialen Massenmedien (Facebook, Google etc.) repräsentieren diese Tendenz geradezu idealtypisch. Alle können teilhaben, aber nur ein extreme kleiner Kreis kann jene Entscheidungen fällen, die alle betreffen. Sie sind aber nur die klarste Ausformulierung einer umfassenden Tendenz zur „Postdemokratie“ als Folge des gesellschaftlichen Wandels.
Auch wenn obiger Vortrag, den Stalder lange vor der Veröffentlichung des Buches gehalten hat, sehr gut ist und die Grundideen des Buches nachvollziehbar ausführt, ist die Lektüre auf jeden Fall empfehlenswert. Einer der bisherigen Punkte des Must-Read-Buches für alle, die mit Kultur zu tun haben, ist: Die Demokratisierung der Kultur führt zu einer Überforderung der Gatekeeper. Ich könnte darüber hinaus fast jeden Satz des Werkes unterschreiben, das ich Ende Mai in der Stabi – hier ein passend zum Titel digitaler Vorgang der Selbstausleihe – ausgeliehen habe:
Meine nächste #Lektüre: "Kultur der Digitalität" von Felix Stalder. Hier auf dem Selbstver… https://t.co/HTALLK7llv pic.twitter.com/VJ1bZwrSiJ
— Markus Trapp (@textundblog) May 26, 2016
Ausführlich und gut rezensiert wurde Stalders «Kultur der Digitalität» (an dem der Autor nach eigenem Bekunden fast drei Jahre lang gearbeitet hat) neulich auch von Leonhard Dobusch auf netzpolitik.