Manier, Mythos und Moral – Kupferstich-Entdeckungen in der Stabi

Manier, Mythos und Moral – Kupferstich-Ausstellung in der Stabi

Liest man den Untertitel unserer aktuellen Kupferstichausstellung: “Niederländische Druckgraphik um 1600 aus der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg”, haut einen das vielleicht nicht unbedingt vom Hocker. Was sich aber im Detail hinter den zusammengetragenen Schätzen in der Ausstellung «Manier, Mythos und Moral» verbirgt, sind großartige Entdeckungen, von denen ich hier einige kurz vorstellen möchte. Bis zum 24. August besteht noch Gelegenheit, diese Originale in der Stabi zu sehen (Eintritt frei, Öffnungszeiten: Mo-Fr 9-24h, Sa-So 10-24h). Wer sich etwas ganz Besonderes gönnen mag, kommt am Freitag, den 22. August um 16 Uhr, und erhält eine Führung von zwei Studentinnen, die an dem jahrelang geplanten Ausstellungsprojekt beteiligt waren. Genau auf so einer Führung war ich gestern und ich habe mit Begeisterung erst jetzt so richtig verstanden, welchen Schatz wir da eigentlich haben.

Alle hier gezeigten Abbildungen sind Digitalisate der Originale aus der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, die diese unter Creative Commons Lizenz BY-NC-ND 3.0 lizenziert. Bilder auf Klick in groß.

Los geht’s mit einer Serie von Maarten de Vos: Die vier Erdteile (1595)

Schaut euch bitte dieses wunderbare Gürteltier an, auf dem die Schönheit des America-Kupferstiches sitzt: der noch relativ neue Kontinent wird als besonders wild dargestellt. Die aus eurozentristischer Sicht weniger entwickelten Kontinente Amercia und Africa werden von eher spärlich bekleideten Damen repräsentiert, während die europäische Lady gut gekleidet und auch die asiatische Vertreterin im wahrsten Sinne des Wortes betucht ist. Interessant sind die jeweils für die Kontinente als typisch angesehenen Szenen und Tierwelten. Tipp: die Bilder unbedingt – nach Klick darauf – in groß betrachten:

America (resolver.sub.uni-hamburg.de/goobi/PPN783583427):

America

Africa (resolver.sub.uni-hamburg.de/goobi/PPN783583044):

Africa

Asia (resolver.sub.uni-hamburg.de/goobi/PPN783582714):

Asia

Europa (resolver.sub.uni-hamburg.de/goobi/PPN783582455):

Europa

In der Ausstellung sind noch jede Menge weitere Serien zu sehen, größtenteils sogar komplett vorhanden. So gibt es auch die 6-teilige Serie Der Jahreszeiten Lauf von Paul Bril (1615), mit Stichen, die jeweils zwei Monate eines Jahres zusammen darstellen. Hier eine Fotografie der Vitrine, die den Kupferstich «Iulius, Augustus» beherbergt:

Der Jahreszeiten Lauf: Iulius, Augustus

Der in der Vitrine liegende, hier schräg aufgenommene, Kupferstich ist im Original als Scan in hoher Auflösung hier zu sehen: Iulius, Augustus.

Weitere in der Ausstellung zu entdeckende und – wie alle Exponate – auch digitalisierte Serien: Die sieben Tugenden oder Die sieben Todsünden, beide von Hendrick Goltzius. Wer in den weiteren digitalisierten Kupferstichen der Stabi stöbern möchte, folge diesem Link. Nach Klick auf den jeweiligen Titel steht in der letzten Zeile der jeweiligen Datensätze der Link, der zum Digitalisat führt. Falls der PDF-Download beim Digitalisat nicht funktioniert, führt der alternativ angebotene DFG-Viewer zum Ziel.

Aber auf jeden Fall empfehlenswert ist der Besuch der Ausstellung. Es geht nichts über die Aura des Originals. Wie gesagt: «Manier, Mythos und Moral» ist noch bis übernächsten Sonntag, 24. August 2014 zu sehen (die zweite Führung gibt’s am Freitag, den 22. August um 16h). Und wer dabei seine Faszination für – Achtung, jetzt kommt wieder der lange Untertitel – “Niederländische Druckgraphik um 1600 aus der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg” entdeckt, hat – solange die Ausstellung gezeigt wird – die Gelegenheit im Bistro der Stabi den ausführlich bebilderten und betexteten Katalog (Abbildung siehe Stabi-Blog) für unschlagbar günstige 25 Euro zu erwerben. Der Katalog wurde verfasst von Studierenden des Kunstgeschichtlichen Seminars der Universität Hamburg unter der Leitung von Prof. Dr. Iris Wenderholm.

Last but not least mein in der Eingangsgrafik dieses Artikels schon zu sehendes Lieblingsbild der Ausstellung: Wie Salt Ontgaen (Knabe mit Totenschädel – Memento Mori – Stabi-Digitalisat: resolver.sub.uni-hamburg.de/goobi/PPN783844042). Es stammt von dem Kupferstecher und Silberschmied Gillis van Couwenbergh, der den Stich nach einer Zeichnung von Abraham Bloemaert (Inventor) angefertigt hat. Das Thema Vergänglichkeit wird kontrastiert durch den Knaben mit dem Engelsgesicht, der den Totenschädel zärtlich umarmt. Im Hintergrund zerrinnt unerbittlich die Lebenszeit in der Sanduhr, vorne die verwelkte Rose. Volle Kanne Vanitas:

Wie Salt Ontgaen

3 Kommentare zu „Manier, Mythos und Moral – Kupferstich-Entdeckungen in der Stabi“

  1. @Extramittel: Mein holzschnittartiger Versuch über 400 Jahre alte Kunst in moderner Sprache zu schreiben. 😉 Freut mich, dass Dir das Bild auch gefällt.

  2. Pingback: Kupferstich-“Besprechung”: Kind mit Totenschädel | Text & Blog

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