Ernesto Sábato mit 99 gestorben – Mein Moment des Magischen Realismus

Heute ist ein trauriger Tag für die Weltliteratur. Einer der größten lateinamerikanischen Schriftsteller des vergangenen Jahrhunderts, der Argentinier Ernesto Sábato, ist heute Morgen im hohen Alter von 99 Jahren gestorben. Am 24. Juni wäre er 100 geworden.

Meine allererste Proseminar-Arbeit im Hispanistik-Studium in Saarbrücken schrieb ich damals über seinen Roman «El Túnel», was quasi auch mein erstes Buch war, das ich komplett auf Spanisch las. Ich untersuchte die psychologische Anlage der Rolle der María. Die Arbeit wurde mit 2+ bewertet. Der Dozent erwähnte kritisch, ich solle keine Arbeiten auf Recycling-Papier abgeben, das mache keinen guten Eindruck. Ich unterdrückte das Lachen über die fehlende Einsicht des Dozenten für die Vorteile von Umweltpapier bei der Besprechung der Arbeit und war zufrieden, dass ich schon im 2. Semester eine anständige Note für eine schwierige literaturwissenschaftliche Arbeit über einen existenzialistischen Roman bekam.

Ernesto Sábato: Über Helden und Gräber
Was ich mit Sábatos vielleicht berühmtestem Roman, «Sobre Héroes y Tumbas» («Über Helden und Gräber»), verbinde, ist eine ganz besondere Lektüre-Erfahrung: Ich saß damals, im Sommer 1988, im Garten in Saarbrücken, las das dicke spanischsprachige Buch (für mich als gerade am Anfang des Spanisch-Studiums stehender Mensch auch eine sehr große sprachliche Herausforderung). Es geht darin unter anderem um eine dämonische Verschwörung von Blinden, die als Vertreter des Teufels auf Erden als Schreckensbild dargestellt werden. Es wird eindrücklich beschrieben, man höre sie herankommen durch das Klacken der Blindenstöcke auf dem Boden. Und während ich genau das lese, höre ich ein Klacken auf dem Steinpfad des Gartens und neben mir steht plötzlich ein Blinder, der sich als Besuch der Leute, die über mir wohnten, vorstellte. Wir haben uns sehr nett unterhalten und ich beantwortete die Frage, was ich gerade lese, aus Respekt nur ausweichend. Das war quasi mein Moment des Realismo Mágico, den ich bis heute mit Sábato verbinde.

Im ciberaBlog habe ich noch einmal seine Stimme erklingen lassen. Er liest aus «Sobre Héroes y Tumbas». 😉

6 Kommentare zu „Ernesto Sábato mit 99 gestorben – Mein Moment des Magischen Realismus“

  1. @Tobias: Hab mein Blog durch Einsatz der dem Herz entsprechenden HTML-Entity (& hearts;) überlistet und Deinen 1. Kommentar entsprechend aktualisiert. 😉

    Ja, die Liebe zur Literatur ist der Grund für das Studium von 3 Literaturwissenschaften (Spanischer…, Deutscher… und Vergleichender…) gewesen und ist nach all den Jahren immer noch vorhanden.

  2. Gut, aber hat nichts mit dem “magischen realismus” zu tun. Fast jeder Roman, der in jener Zeit in “Lateinamerika” -als ob es um ein Land ginge- geschrieben wurde , ordnet man unter diesen Begriff ein. Sinnlos. In Argentinien hat er keine Bedeutung.

  3. @Sebastián: Nur damit keine Missverständnisse entstehen: Sie beziehen die Bedeutungslosigkeit sicher auf den “Magischen Realismus”, nicht auf Sábato.

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