Saarbrücker Zeitung erneut mit Armutszeugnis in Sachen Internet

Beispiel eines Island-Tweets von Twitter-Nutzer @Verteidigung
Beispiel eines Island-Tweets von Twitter-Nutzer @Verteidigung

Mit der aufwandslosen und uninspirierten Verarbeitung einer dpa-Meldung hat die Saarbrücker Zeitung – wie viele andere Onlineausgaben von Tageszeitungen mit fehlendem Verständnis fürs Web – heute nochmals den traurigen Beweis abgeliefert, dass sie das Internet immer noch nicht begriffen hat. In Bezug auf in Twitter verbreitete Witze zum Ascheflug aus Island hat sie diese herzlose Meldung ins Netz gesetzt, ohne die Autoren der Tweets weder zu nennen, geschweige denn zu verlinken: «Twitter-Gemeinde witzelt über Aschewolke».

Frau @Apfelmuse (die mich mit diesem Tweet auf den SZ-Artikel aufmerksam machte) und einige andere enttäuschte SZ-Leser machen ihrem Unmut in den Kommentaren des Artikels spontan Luft. Dem habe ich mich angeschlossen und nach 5-minütiger Recherche einen 2. Kommentar mit den Autoren und Links nachgeliefert:

In Ergänzung zu meinem Kommentar von eben hier die nachgelieferten Links, die im Artikel der SZ von uns allen vermisst wurden:

«EILMELDUNG: Die Isländer stellen den Vulkan erst wieder ab, wenn ihnen die Schulden erlassen werden.»
von Twitter-Nutzer @Verteidigung: http://twitter.com/Verteidigung/status/12296067428

«Konflikt zwischen Island und UK eskaliert, Island greift mit geothermischen Waffen an!!»
von Twitter-Nutzer @pavel23: http://twitter.com/pavel23/statuses/12273263974

«Und ich dachte, die Isländer hätten gar keine Asche mehr …»
von Twitter-Nutzer @BohemianBerlin: http://twitter.com/BohemianBerlin/statuses/12228713325

«Gewerkschaft Cockpit solidarisiert sich mit dem Vulkan. Ihr Sprecher: “Wir verfolgen die selben Ziele”.»
von Twitter-Nutzer @dnuc: http://twitter.com/dnuc/statuses/12292739403

«Island total pleite. Aber muckelig warm. Die Heizung bräuchte allerdings mal einen Rußpartikelfilter.»
von Twitter-Nutzer (und Comedian) @dieternuhr: http://twitter.com/dieternuhr/statuses/12234099246

«Tarifeinigung bei Fluglotsen – die bekommen jetzt mehr Asche.»
Dieser Tweet ist in der dpa-Meldung falsch zitiert. Im Original heißt er:
«Die bekommen jetzt mehr Asche: RT @tagesschau Kein Streik der Fluglotsen – Einigung im Tarifstreit http://goo.gl/fb/zXNdF
von Twitter-Nutzer @daniel_ueberall: http://twitter.com/daniel_ueberall/statuses/12299679040

5 Minuten Recherche hätte den Artikel für die Leser der Zeitung viel interessanter gemacht. Man hätte sich bei Interesse die Autoren und deren weitere Tweets anschauen können und die SZ wäre als eine service-orientierte Zeitung aufgetreten, die zeigt, das Netz verstanden zu haben.

Dass es auch anders geht, darauf hat Frau Apfelmuse im Kommentar unter dem SZ-Artikel schon hingewiesen, zeigt die Wirtschaftswoche im Artikel zum selben Thema: «Achtung, Aschewitze!» – Hier werden, wie es sich für einen vernünftigen Artikel, der die Einordnung als journalistischen Text noch verdient und das Medium, das er bedient, korrekt nutzt, Autoren genannt und Quellen verlinkt.

7 Kommentare zu „Saarbrücker Zeitung erneut mit Armutszeugnis in Sachen Internet“

  1. Merkwürdige Medienwelt, insbesondere, wenn man bedenkt, dass zahlreiche Blogs für ungewollte Verstöße gegen das Urheberrecht sich einer ruinösen Abwahnungsflut ausgesetzt sahen…

  2. @Tobias: Genau. Kommentator @mainwasser hat ja unter dem SZ-Artikel schon so trefflich geschrieben:

    Gut, ich werde dann auch mal Artikel aus der Saarbrücker Zeitung per copy & paste in mein Blog einkleben und als Quelle “aus einer Zeitung” angeben.

  3. @Dirk Steins: Danke für die Richtigstellung (und sorry, dass Dein Kommentar zunächst im Spam gelandet war, wo ich ihn eben erst entdeckt habe). Danke für die nicht unwichtige Korrektur.

  4. Ich finde es so schade, wie die Printmedien, hier die SZ, Chancen vergeben und lernen mit den neuen Medien umzugehen, statt sie
    * zu belächeln
    * kleinzureden
    * Bedeutung abzusprechen
    * als Bedrohung zu empfinden

    Mal ganz abgesehen davon, dass richtig zu zitieren ja wohl in der 1. Klasse in der Journalistenschule gelehrt werden müsste. Noch schlimmer ist allerdings, dass ja anscheinend die dpa Meldung ohne Quellenangabe rausging.

  5. @Andrea: Das Verhältnis zwischen Internet und Teilen des Printjournalismus ist wirklich ein gestörtes. Durch Ignorieren und Runterschreiben glauben viele Journalisten, sie könnten ihre Leser davon überzeugen, wie unnötig das Netz doch wäre. Angesichts der teilweise verheerend entstellenden Berichterstattung zur Internet-Konferenz Re-publica 2010 hat Thomas Knüwer vollkommen zurecht in seinem klasse Artikel vom Neidfaktor gesprochen.

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