Kommentar zum Rückzug Brosius-Gersdorfs

Diese Nachricht hat uns heute alle schockiert: Brosius-Gersdorf zieht zurück.

Sehr treffend finde ich diesen vom DLF gesendeten Kommentar von Gudula Geuther:

Schauriges Kapitel politischer Kultur

Nachzuhören beim DLF.

Leider bietet der DLF zu diesem sehr guten Kommentar keine Transkription an. Deshalb hab ich diese mit dem Programm Aiko erstellt und liefere sie hier:

Nach einer wochenlangen Kampagne gegen Sie zieht die von der SPD vorgeschlagene Bewerberin für das Bundesverfassungsgericht Frauke Brosius-Gersdorf ihre Kandidatur zurück.

Gudula Geuther kommentiert.

Der Schritt von Frauke Brosius-Gersdorf ist ehrenhaft und er verdient höchsten Respekt.

Er ist vielleicht sogar unausweichlich.

In Ihrem Sinn und im Sinn der Institutionen, die Sie in der Erklärung nennen, mit der Sie öffentlich auf die Kandidatur als Richterin des Bundesverfassungsgerichts verzichtet, Demokratie, Parlament, Gericht.

Und das ist ziemlich schlimm.

Denn wenn der Schritt unausweichlich ist, dann deshalb, weil der Schaden, der für das Vertrauen in Demokratie und Bundesverfassungsgericht jetzt schon entstanden ist, kaum noch hätte wieder gut gemacht werden können.

Weil Kampagnen schon gewirkt haben.

Kampagnen in Netz und Social Media, von unterschiedlichen, auch neu rechten Kreisen, auch Kampagnen der katholischen Kirche.

Und das heißt ja, es ist möglich, eine Kandidatin bewusst und gewollt einfach aus dem Rennen zu nehmen, indem man schiefes, verkürztes, unwares verbreitet.

Das geht deshalb, weil es eben nicht um wahr oder falsch geht, sondern um Vertrauen.

Und weil Vertrauen ein zartes Pflänzchen ist, das durch Rechthaben nicht am Leben zu halten ist.

Dass das hier so verfangen konnte, dafür sind die ursprünglichen Akteure verantwortlich.

Aber es gibt vor allem den einen Akteur, der den Erfolg erst möglich gemacht hat, die CDU-CSU-Fraktion.

Die allem Anschein nach offen ist wie ein Scheudentor für solche Kampagnen.

Zumindest wenn, in richtigem oder schiefem Licht, das Wort Abtreibung dabei vorkommt.

Die in sich so zerstritten ist, so unzufrieden mit den nötigen Kompromissen in der Koalition, die außerdem nötigen Kompromisse mit Grünen und Linken blenden viele sogar bewusst aus, dass man offenbar froh ist durch Blockade scheinbare Punktsiege erringen zu können.

Dass Frau Kubrosius-Gersthoff aufgegeben hat, wird sich aber als alles andere als ein Sieg der Union herausstellen, auch wenn das bei Weitem noch nicht alle in Partei und Fraktion zu verstehen scheinen.

Denn hier geht es nicht um Punkte.

Es geht um das richtig große Ganze.

Eben um Demokratie und Institutionen, aber auch um die Frage, wie die Union zu ihnen steht.

Man kann von den Positionen von Frau Brosius-Gersdorf halten, was man will, sie sind definitiv nicht radikal.

Sie sind natürlich auch nicht dezidiert konservativ, zumindest nicht in gesellschaftspolitischen Fragen.

Sonst hätte die SPD diese nicht vorgeschlagen.

Aber die bis heute Mittagkandidatin bewegt sich nicht nur auf dem Boden der Verfassung.

Sie prägt diesen Boden mit.

Durch Überlegung, durch Analysen, durch Kommentare.

Eben durch all das, was juristische Wissenschaft ausmacht und des Verfassungsgerichts zählt.

Das Argument.

Und das besteht in Karlsruhe nur, wenn es gut ist, wenn es trägt.

Das ist die Karlsruher-Fassette des Trauerspiels der vergangenen Wochen.

Die Berliner, die parteipolitische Facette, ist für viele vielleicht intuitiver zu verstehen.

Und sie ist genauso wichtig.

Eine demokratische Partei und gerade eine, die sich bürgerlichen Werten verpflichtet fühlt, sollte sich auch angesichts von Gegenwind in der Öffentlichkeit ihrer demokratischen Verantwortung bewusst sein.

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