Schäuble wird Finanzminister. Kritische Fragen unerwünscht.

Nur nochmal zur Erinnerung: Dieser Mann, der vergaß, dass er von Waffenhändler Schreiber 100.000 DM Parteispende in bar für die CDU bekommen hat, wird unser zukünftiger Finanzminister:


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Und es muss ein niederländischer Journalist die für die Kanzlerin sichtlich unangenehme Frage stellen, wie ausgerechnet so ein Mann Finanzminister werden kann. An Merkels Reaktion fällt auf, dass sie diese Frage als Affront empfindet. Peinlich bleibt, dass sie darauf (natürlich) keine plausible Antwort geben kann, weil diese Entscheidung ja auch niemandem vernünftig erklärt werden kann:


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Was für eine peinliche Regierung wird unser Land in den nächsten Jahren führen? Ein für dieses Amt vollkommen überforderter Außenminister Westerwelle (und damit meine ich nicht nur, dass es peinlich ist, dass er kaum Englisch kann), ein mit Gedächtnislücken in Sachen Parteispenden von Waffenhändlern behafteter Finanzminister Schäuble, die unfähige – und im Wahlkampf die Menschen wider besseres Wissen falsch informiert habende – Ursula von der Leyen bleibt im Amt. Mir graut’s ganz ehrlich vor dem, was uns da erwartet. Und mit welch schwacher Presse haben wir es eigentlich zu tun, bei ausbleibender Kritik angesichts des peinlichen Personenkarusells, das der Regierungsbildung voran ging. Wo man ja den Eindruck bekommen muss, auf die fachliche Qualifikation komme es offenbar am wenigsten an, wenn in kürzester Zeit die Besetzungslisten verschoben werden (siehe dazu auch meine Twitkrit von Freitag: Karl-Theodor in des Volkes Timeline).

Dass von der CDU-freundlichen Springer-Presse keine objektive Berichterstattung mehr zu erwarten ist, das ist eh klar. 11 Mio. Deutsche lesen täglich die BILD-Zeitung und viele davon merken schon gar nicht mehr, wie sie manipuliert werden. Aber es gibt ja auch noch andere Blätter und andere Medien. Doch was ist mit den anderen Journalisten: haben sie Angst, die kritischen Fragen zu stellen, die eigentlich gestellt werden müssten? Die kritische Situation, auf die Deutschland mit dieser Regierung zusteuert, wurde bisher jedenfalls nirgends so deutlich angesprochen, wie es Rob Savelberg von der niederländischen Zeitung Telegraaf dankenswerterweise getan hat.

Update I, 01:20 Uhr: Gerade gesehen, Thorsten Denkler findet immerhin deutliche Worte in einem Kommentar in der Süddeutschen:

Wer je geglaubt oder nur gehofft hat, Schwarz-Gelb werde keine Regierung des sozialen Kahlschlages werden, der dürfte jetzt vom Gegenteil überzeugt sein. Eine Regierung, die derart fahrlässig Ministerposten verhökert und verschiebt, darf sich über diesen Vertrauensverlust nicht wundern.

Update II, 11:15 Uhr: Spreeblick weist im Blog-Artikel «Ich hab’ wirklich jetzt alles gesagt dazu» auf den von Rob Savelberg veröffentlichten Artikel «Merkel ‘not amused’ na kritische vraag» und eine deutsche Übersetzung des Textes hin.

[via Roberts Blog]

6 Kommentare zu „Schäuble wird Finanzminister. Kritische Fragen unerwünscht.“

  1. Tja, das Volk hat es ja so gewollt und bekommt, was es gewählt hat. Da müssen wir jetzt durch … ich schätze der Großteil des Volkes muss sich bald warm anziehen, so es sich das noch leisten kann.

  2. Auch spiegelonline hat deutliche Worte gefunden. Leider eben nur online, leider hat keiner der sicher dort anwesenden Journalisten den Mut aka Ar*** in der Hose gehabt, um vor Ort kritische Fragen zu stellen.
    Da musste erst der Holländer kommen. Der mit Sicherheit das letzte Mal eine Akkreditierung zu so einer Veranstaltung bekommen hat, wenn ich mal Bundesmerkels säuerliches Gesicht interpretieren darf.

  3. Pingback: links for 2009-10-26 » blumenstrasse

  4. Gemach, Markus, gemach – gib ihnen doch erst einmal eine Chance.

    Ja, Schäuble hat in der Spendenaffäre der CDU damals eine Rolle gespielt – aber das ist nicht erst seit gestern bekannt, und wer sich gegen ihn als Finanzminister wehrt hätte auch ihn als Innenminister DARUM ablehnen müssen.

    Auch bei früheren Regierungen wurden Ministerposten selten nach Qualifikation vergeben, Wechsel von einem Ministerium zum anderen ohne irgendwelche Qualifikationen waren normal. Der Ex-Kanzler Schröder sitzt nun im Aufsichtsrat einer Pipeline-Gesellschaft, und Merkel hatte schon als Umweltministerin für mich jede Glaubwürdigkeit verspielt.

    Sicher, die aktuellen Politiker überzeugen nicht – aber sie stehen damit in der Tradition ihrer Vorgänger.

  5. @truetigger: Ihre Chance habe sie ja, wir können das gar nicht verhindern. Die Frage ist nur, wie kritisch ihre Arbeit begleitet werden wird. Dass mangelnde Qualifikation als Hinderungsgrund für die Besetzung von Ministerien nichts Neues ist, und dass die gleiche Frage der Glaubwürdigkeit bei Schäuble auch schon als Innenminister hätte gestellt werden müssen, ist wohl wahr. Dass sie dabei in der Tradition so mancher Vorgänger stehen, ist aber nur in schwacher Trost, wie ich finde.

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