Wahlkampfauftakt: Auf dem Podium in Rahlstedt

Podiumsdiskussion in Rahlstedt

Podiumsdiskussion in Rahlstedt.
Foto: Treffpunkt Großlohe
Ab und an berichte ich hier von etwas, was ich zum ersten Mal gemacht habe. Isa nennt so was ja «Sachen machen». Das wird wieder so ein Artikel aus der Reihe. Was ich dieses Mal zum ersten Mal gemacht habe? Auf einer politischen Podiumsdiskussion gesessen. Und zwar ganz im Osten Hamburgs, im Bezirk Rahlstedt-Süd. Auf Einladung der Stadtteilversammlung Großlohe war ich als einer der Wandsbeker “Spitzenkandidaten” zur Bezirkswahl am 25. Mai geladen, um die Fragen der dortigen Bürger zu ihrem Ortsteil und zu sonstigen Positionen bei der kommenden Bezirkswahl zu beantworten. Interessante Erfahrung, kann ich nur sagen.

Lage Rahlstedts in Hamburg Ehe ich näher darauf eingehe, noch ein paar Worte zum Ort des Geschehens. Wo Rahlstedt liegt, seht ihr an der Karte links. Der dunkler eingefärbte größere Bereich ist ganz Wandsbek, mit 400.000 Einwohnern Hamburgs größter Bezirk. Rahlstedt ist der ganz im Osten liegende, rot eingefärbte Stadtteil. Die Podiumsdiskussion fand statt im Treffpunkt Großlohe, einem größtenteils von ehrenamtlichen Helfern getragenen Kulturzentrum. Die Leute kommen dort zusammen, um z.B. PC-Kurse, Selbsthilfegruppen, Suppenküchen oder sonstige Veranstaltungen zu besuchen. Was die da machen, sieht man ganz gut in diesem Beitrag von Tide TV:

Zurück zur Podiumsdiskussion: Als Pirat ist man auf so einer Veranstaltung naturgemäß erst mal mit dem strukturellen Nachteil konfrontiert, die Fragen der Bürger nicht aus der Erfahrung der Bezirksversammlung beantworten zu können. Piraten sind – ich hoffe natürlich, dass sich das ändert – bisher in der Bezirksversammlung Wandsbek noch nicht vertreten gewesen. Also zwecklos bei angesprochenen Problemen etwas in der Art von «Wir Piraten haben uns bisher in der Versammlung dafür stark gemacht, dass dies oder das umgesetzt wurde» zu antworten.

Podiumsteilnehmer Rahlstedt
v.l.n.r.: Markus Trapp (Piraten), Gerhard Brauer (Die Linke), Michael Ludwig-Kircher (SPD), Peter Hendoupour (Die Grünen), Florian Drebber (CDU), Hermann Überle (FDP).
Foto: Thomas Michel

Und natürlich konnte ich es mir auch nicht so einfach machen die anwesenden anderen Vertreter als die Schuldigen der Probleme hinzustellen. Deshalb hab ich mich darauf beschränkt, auf strukturelle Probleme der fehlenden Beteiligung der Bürger an Entscheidungen für die Bezirke hinzuweisen und habe deutlich gemacht, dass wir Piraten ja nicht nur durch die Mit-Initiative des Transparenzgesetzes in Hamburg darauf hingewirkt haben, dass Bürger nun mehr Rechte haben, besser informiert zu werden, bzw. mehr Informationen von staatlichen Stellen einfordern können. Bürgerbeteiligung ist uns ein ganz wichtiges Anliegen. Und das bedeutet mehr als Bauprojekte zur Planungseinsicht im Bezirksamt auszulegen, oder Anhörungen zu machen, die kaum noch Einfluss haben auf längst in Hinterzimmern gefällte Entscheidungen. Transparenz ist nicht nur ein Schlagwort. Offene Daten helfen den Menschen Einfluss zu nehmen auf ihre unmittelbare Umgebung. Wenn nicht nur die gewöhnlich gut Informierten entscheiden, sondern alle Entscheidungen vor Ort fair und transparent diskutiert werden können, ist Vielen geholfen. Deshalb hab ich mich auch für dieses Motto auf meinem Wahlplakat entschieden, das wir – neben den vielen anderen Motiven – demnächst in Wandsbek aufhängen werden:

Wahlplakat Markus Trapp

Plakat Podiumsdiskussion Grosslohe Die Großloher, die das Treffen übrigens in ihrem Stadtteil sympathisch dafür werbend plakatiert haben (siehe Foto rechts, auf Klick in groß), hatten ‘ne Menge konkrete Fragen. Viele davon wurden auch schon im Vorfeld beim Veranstalter eingereicht. Thomas Falensky, der Leiter der Stadtteilversammlung Großlohe, hatte uns die Fragen am Freitagabend gemailt. Um die Hintergründe der Probleme en dé­tail zu recherchieren, blieb natürlich zu wenig Zeit. Aber ich habe gleich am Montag Kontakt zum Bezirksamt Wandsbek aufgenommen, um zum Beispiel Fragen, den ausbleibenden Beschnitt der Bäume und die Wegereinigung betreffend, zu stellen. Respekt für die Schnelligkeit der Antwort: der Fachamtsleiter «Management des öffentlichen Raumes», Bernd Baumgarten (welch passender Name 😉 ) hat mir noch am Dienstagmorgen, dem Tag der Podiumsdiskussion, um 9 Uhr detailliert und fachkundig geantwortet. Tenor der ehrlichen Antwort: Es können in der Regel nur Gefahrenstellen beseitigt werden, für alles weitere fehlen die Mittel. Hier muss also strukturell was passieren. Und ja, man muss auch Lösungen dafür finden, wo das Geld dafür her kommen kann. Aber jeder der am Dienstag dabei war, konnte erfahren, wie dringlich die Lösung ganz konkreter Probleme vor Ort sind, damit am Rande der Hansestadt liegende Bezirke sich nicht mit ihren Problemen alleine gelassen vorkommen. Weitere Fragen der Großloher bezogen sich auf seit Jahren dort anstehende Probleme wie der Leerstand des Einkaufzentrums. Es ist in der Tat etwas trostlos, wenn man sieht, dass sehr viele Geschäfte in Großlohe leer stehen und verfallen. Einzig ein Rewe-Markt und eine Apotheke öffnen im ehemaligen EKZ noch ihre Türen. Eine ältere Dame brachte die Forderung auf, man solle doch den Einkauf im Internet verbieten, dann würden wieder mehr Geschäfte aufmachen. So einfach ist es dann doch nicht.

Ich kürze hier ab, um den Rahmen dieses Artikels nicht zu sprengen: Weitere – wie auch in anderen Stadtteilen – wichtige Themen waren: bezahlbarer Wohnraum, Verkehrspolitik (Geschwindigkeitskontrollen zur Verkehrsberuhigung, Busanbindung, Farradwege) und die langfristige finanzielle Absicherung des Treffpunktes Großlohe. In dem Kontext sprach Daniel Gren, der Kümmerer des Treffpunktes Großlohe, einen weiteren wichtigen Punkt an: die nicht mehr gesicherte Finanzierung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Genau darauf, und auf die strukturelle Benachteiligung von ungerecht in der Hansestadt verteiltem Reichtum, spricht der gerade veröffentlichte Artikel von Hauke Friederichs auf ZEITonline an – «Bücher für die Bessergestellten»:

Jugendclubs, Ärzte, Bücherhallen: Wer in ärmeren Stadtteilen lebt, erhält ein schlechteres Angebot. Die Politik reagiert nur sehr langsam auf die Missstände.

Ich habe mir jedenfalls bei der Podiumsdiskussion in Großlohe sehr viele Notizen gemacht und würde gerne dazu beitragen, an Lösungen mitzuarbeiten. Da sind kreative Ideen und nachhaltiges Einfordern von mehr Mitteln für die Bezirke gefordert. Wenn unser Erster Bürgermeister Olaf Scholz, der übrigens in Rahlstedt aufgewachsen ist, fordert, die Bezirke müssten gestärkt werden, dann muss das über die Sonntagsreden hinaus auch mit konkreter Politik des Hamburger Senates unterstützt werden. Wer hier Mittel kürzt, stärkt nicht die Bezirke sondern den Verdruss der Menschen, die dort leben. Einfach ist es sicher nicht, diese Kürzungen wieder rückgängig zu machen. Unmöglich aber auch nicht. Man muss es nur wollen. Und Wege der Finanzierung finden. Durch stärkere Kontroll- und Mitspracherechte der Bürger, denen durch das Transparenzgesetz heute theoretisch mehr Möglichkeiten offen stehen, lassen sich zum Beispiel Fehlplanungen der öffentlichen Hand verhindern (Stichwort Elbphilharmonie). Diese frei gesetzten Mittel sinnvoller einzusetzen, hilft den Bezirken und somit ganz Hamburg.

openantrag Ein Mittel – über Parteigrenzen hinweg – die Menschen an politischen Entscheidungen in ihrem unmittelbaren Umfeld zu beteiligen, stellt ein von vielen Piraten in Landes- und Kommunalparlamenten praktiziertes Verfahren wie Open Antrag dar. Selbstverständlich würden wir Wandsbeker Piraten – so wie es unsere Kollegen in Mitte schon machen – das auch allen anbieten.

Die zweieinhalb Stunden am Dienstag (von 18 – 20:30 Uhr) waren für beide Seiten sicher anstrengend, aber auch gut investierte Zeit. Habe es nicht bereut, die Einladung zur Diskussion anzunehmen und nehme, wie gesagt, eine Menge davon mit. Sollten drei Prozent in Wandsbek die Piraten wählen, könnten wir auch mithelfen, Bürgerbeteiligung in den Bezirken zu stärken.

Und beim Rausgehen war da der nette Rahlstedter, der mir zurief: «Vielleicht schafft ihr’s ja und kommt rein in die Bezirksversammlung». Ich hatte nicht den Eindruck, dass er uns unbedingt wählen würde, aber schon, dass er sich freuen würde, wenn in der kommenden Bezirksversammlung auch Piraten vertreten wären. Damit das passiert, müssen am 25. Mai möglichst viele in Wandsbek ihre 5 Stimmen auf den Kreisen dieses Stimmzettelabschnitts verteilen:

Stimmzettel Bezirkswahl Wandsbek - Liste 7 Piraten

Wie die Stimmzettel aller Hamburger Bezirke aussehen werden, erfahrt ihr hier: Musterstimmzettel 2014. Wer möchte, dass Hamburgs Bezirksversammlungen noch piratiger werden, hat am 25. Mai die Gelegenheit dazu. Sagt es bitte weiter. 😉

8 Kommentare zu „Wahlkampfauftakt: Auf dem Podium in Rahlstedt“

  1. Schöne Sache, die Du da machst, Chapeau!

    (Am Rande: frug mich beim ersten Bild kurz irritiert, ob es heutzutage noch zum Politikerhabitus gehöre, mit Zigarette in der Hand aufs Podium zu gehen …)

  2. Joachim Trapp

    Wenn ich Wandsbeker wäre, wüsste ich, wo ich am 24.5. mein Kreuzchen machen muss!
    Gratulation zum gut klingenden Listenplatz und dem sehr gelungenen Plakat. Ich wünsche Dir viel Kraft und ein gutes Händchen beim Prioritäten setzen in den nächsten Wochen!

  3. @Wolfgang Lünenburger: Dann weißt Du ja, was den Leuten dort am Herzen liegt.

    @heinzkamke: Danke. Ja, auf die scheinbare Zigarette wurde ich schon mehrfach angesprochen. Bin Nichtraucher. 😉

    @Joachim Trapp: Ich danke Dir. Die Prioritäten sind gesetzt. Wenn die Wahl vorbei ist, hab ich auch das Gröbste im Masterstudium gepackt. Am 24. Mai geb’ ich meine Masterarbeit an der Humboldt Uni ab.

  4. Das Foto hat mich auch ein wenig verwirrt, hatte Sie ja als Nichtraucher in Erinnerung. Ich hab es dann sicherheitshalber mal aufgemacht, um dann festzustellen, dass es sich um ein Schreibgerät handelt…

    Viel Erfolg bei der Wahl.

  5. Pingback: Podiumsdiskussion in der Otto-Hahn-Schule | Piratenpartei Hamburg

  6. Ich war gestern auch in Großlohe und ließ mir diesen verdammten Leerstand von zwei Menschen erklären. Es dient auch als Abschreibungsobjekt für den Eigentümer der in Berlin (Hamburger Wochenblatt) sitzt. Wenn dann noch hohe Mieten dazu kamen. muß man sich nicht wundern, dass die Ladenbesitzer aufgaben. Im Übrigen auch das kleine KZ Schimmelreiterweg hat Leerstand.

    Viel Erfolg als Pirat
    Elke Noack

    1. @Elke Noack: Das mit dem Leerstand ist ein großes Problem und zeigt, dass hier viel mehr Transparenz gebraucht wird, um über den Druck der Öffentlichkeit tatsächlich auch Problemlösungen – und nicht wie bisher vage Formulierungen des Bedauerns – zu erwirken.

      Danke für die guten Wünsche zur heutigen Bezirkswahl.

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