Nach wie vor scheiden sich an Twitter die Geister. Ich habe es auch schon längst aufgegeben, die Twitter-Resistenten davon zu überzeugen sich über diese wunderbare Kommunikationsform mit anderen auszutauschen. Das bringt auch nichts, solange sich die Nein-Sager nicht wirklich mit Twitter beschäftigen. Dieser Artikel richtet sich daher an jene, die zwar auch skeptisch sind, die sich aber trotzdem fragen: «Irgendetwas muss doch dran sein an Twitter, wenn alle, die es nutzen, so begeistert sind?»:
Jeder, der Außenstehenden versucht, den Reiz von Twitter zu erklären, kennt das: Dem verständnislosen Kopfschütteln folgt meist eine lange Liste von Ablehnungsgründen, die zum Großteil auf Unverständnis fußen. Angeführt werden häufig folgende Argumente gegen Twitter (in Klammern meine jeweilige Entgegnung):
- Dafür hab ich keine Zeit. (Die macht man sich dann halt.)
- Ich hab doch nix zu sagen. (Von wegen: jeder Mensch ist interessant.)
- Ich möchte nicht mit einer unbekannten Netzöffentlichkeit Privates oder Berufliches teilen. (Das kann man auf Twitter sehr leicht lösen.)
- Angst vor Informationsüberflutung. (Der Information-Overload ist wunderbar auf netzwertig widerlegt.)
- und so weiter und so fort…
Nun gibt es zwei sehr gute Beispiele die – einmal auf der privaten und einmal auf der beruflichen – Seite überzeugend für den Nutzen von Twitter werben. Und beide zeigen doch nur zwei ganz persönliche Einsatzmöglichkeiten des Microbloggings, daneben gibt es selbstverständlich zig weitere Varianten und Einsatzformen.
Einen sehr persönlichen und gerade deshalb so wunderbaren Artikel hat Silent Tiffy (@silenttiffy) in ihrem Blog veröffentlicht. Darin schildert sie den (bzw. ihren) privaten Nutzen von Twitter: Das Ich und das Twitter-Ich:
Wie steht es denn nun um das Persönliche, um das Private und Intime? Twittern wir Dinge die stimmen, oder ist das alles nur ausgedacht? In Twitter dreht sich genuin alles um die eigene Person. Wenn man genau hinschaut, findet man eine Ansammlung von Bekenntnissen und Entblößungen, die noch skandalöser wirkt dadurch, dass der Autor seine Nachrichten nicht selten an über 1000 Menschen schickt, über deren ungefähre Identität er oft nichtmal den Überblick hat.
Und einen guten Einblick, wie denn der fachliche Nutzen von Twitter aussehen kann, gibt Dr. Jochen Robes (@jrobes) vom Weiterbildungsblog, der in einem Vortrag (auf der Wissensmanagement-Tagung KnowTech 2009) mit dem Thema «Warum Wissensarbeiter twittern» sehr viele Aspekte aufzeigt, und der darin nicht nur für den akademischen und Weiterbildungsbereich, sondern auch für weitere berufliche Einsatzszenarien die Vorteile von Twitter erläutert:
Wie gesagt: die hier vorgestellten Nutzungsmöglichkeiten von Twitter, einmal ganz persönlich, und einmal ganz fachlich fokusiert, sind nur zwei von zig Möglichkeiten Twitter für sich zu entdecken.
Bei mir sind es eher subjektive, ganz und gar nicht logische Gründe, die mich vom Twittern abhalten:
(1) Die Befürchtung, mich darin zu verlieren: ich habe mal sehr, sehr viel Zeit in einem MUD in den 90ern verbraten – oberflächlich ein Spiel, darunter ein soziales Netz von Menschen, die oft länger online sind als ihnen gut tut. Ja, ich befürchte, ICH könne durch Twitter die Grenze zur Internet-Sucht überschreiten.
(2) Das Gefühl, mir einen “Online-Druck” aufzuhalsen. Auch da wär Twitter nicht der Grund, sondern nur der Auslöser 😉
(3) Die Befürchtung, unwissentlich mehr über mich preiszugeben als ich preisgeben mag – ich neig zum Schnattern und plauder gern zuviel.
Das sind keine Gründe gegen Twitter, ich selbst komm aber noch ohne dieses Microblogging aus.
Ich persönlich mische ja beide Komponenten, das persönliche wie das berufliche – genau deshalb gerät es aber schnell an die Grenzen meiner Möglichkeiten, zumal ich derzeit viel mobil twittere (aus privat krabbelnden Gründen und so) und nicht den ganzen Tag am Rechner sitze.
Letztlich kombinieren sich dabei eine Handvoll Modi, in denen persönliches und berufliches sich mischt – Kontakt und Austausch mit Freund_innen (und seien sie auch nur, leider, online bekannt), Unterhaltung mit sternstrahlenden Tweets à la silenttiffy, Information im weiteren Sinne (Politik, Netz, Quatsch) und eben im engeren beruflichen Sinne, der aber bei mir auch schon wieder zwei Felder faßt: Feministisches und Film.
Da kommt schon eine Menge zusammen, und ich nutze Tweetdeck viel zu wenig, weil ich eben meistens mobil… usf. (aber eben nicht mit iPhone).
@truetigger: Danke für die Schilderung Deiner Entscheidung. Durchaus nachvollziehbar.
Zur Suchtgefahr kann ich nur sagen, dass dies zwar jeder selbst entscheiden muss, wie weit man sich da einer möglichen Suchtgefahr ausgesetzt sieht. Ich kann für mich nur sagen, dass Twitter etwas vollkommen Alltägliches geworden ist. Es gehört zu meinem Tagesablauf, ich mach es gern, es ist ein (auch sehr informativer) Spaß. Einen Druck verspüre ich dabei auch nie. Wenn dem so wäre, hörte ich sofort auf.
Aber Du hast natürlich Recht: das muss jeder für sich entscheiden.
@rrho: Da gibt es ja ganz unterschiedliche Ansichten, ob man das berufliche und private Twittern (oder auch Bloggen) verbinden oder mit getrennten Accounts betreiben soll. Wie unschwer zu erkennen ist, mixe ich das ja (sowohl auf Twitter, als auch im Blog). Ich weiß dabei sehr wohl, dass jene, die mehr Spaß an meinen privaten Tweets haben, genervt denken, “Ah, jetzt schreibt er wieder über seine Arbeit – das interessiert mich nicht die Bohne” und dass diejenigen, die mehr an meinen fachlichen Tweets und Webtipps interessiert sind, den Kopf schütteln, wenn ich mich auf ein Stück Bienenstich oder den Stressausgleich im Badminton freue und darüber twittere.
Doch mich gibt’s nur im Gesamtpaket, wer das nicht mag, möge auf unfollow klicken. Einen Twitteraccount kann man zudem wie eine Zeitschrift oder Zeitung lesen, da wird auch nicht jeder Artikel gelesen, sondern man überfliegt sie und liest das, was einen interessiert.
Ich verstehe im Prinzip, warum Twitter erfolgreich ist. Ich nutze es aber nicht, weil mir ebenso aus Prinzip nicht gefällt, dass meine privaten Äußerungen zentral durch einen Dienst geschleust werden; selbst wenn ich wie im Artikel angesprochen meine Tweets nur ausgewählten Usern zugänglich mache. Aus dem gleichen Grund weigere ich mich übrigens halsstarrig auch die instant messaging – Dienste zu benutzen. Auch bei denen verstehe ich, warum sie funktionieren; aber mir passt das einfach nicht in den Kram…
Keine Frage: Microblogging via Twitter oder Tumblr bietet eine reizvolle Art, vielfältige, schnelle und reizvolle Art des Mitteilens dar. Doch sie erfordert, vielleicht mehr denn je, Medien- wie auch Netzkompetenz. Und an der Art, wie wir diese Kompetenz entwickeln wird unseren rückwärtigen Blick auf Microblogging entweder negativ oder positiv färben werden.