Zum Totlachen: „Zeh in Ohr“ ist der Titel der TV-Kolumne Teletext von Nils Minkmar in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Er beschreibt darin mit köstlicher Ironie das n-tv-Gesundheitsmagazin, das sich in dieser Woche mit den Erektionsstörungen eines gewissen Lothar aus Frankfurt („Name von der Redaktion vergessen“) beschäftigt hatte.
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Zeh in Ohr
Der Nachrichtensender n-tv unterbrach am Donnerstag nachmittag sein Nachrichtenprogramm – wo ja nur über die Kieler Ministerpräsidenten-Wahl und den Jobgipfel zu berichten war – für wichtige Reportagen von der Gesundheitsfront, für „Breaking Filmchen“ über die Erektionsstörungen von Lothar aus Frankfurt (Name von der Redaktion vergessen). Man sah eine nachgestellte Szene: Lothar ganz traurig vor seinem Laptop, im Hintergrund droht die Freundin mit Sex. Dann gucken beide in die Kamera. Er jammert: Soviel Streß. Sie keift: „Ich brauche aber Sex! Vielleicht sollten wir es mit einer Therapie versuchen?“ Dann ein Schnitt: Louise marschiert allein in eine Praxis, auf Regalen kann man viele Medikamentenschachteln sehen, und die freundliche Therapeutin empfiehlt eines davon. So ein Zufall: Das Filmchen endet, und im Studio erscheint die Therapeutin und empfiehlt abermals ein bestimmtes Medikament zur Behebung von Potenzstörungen. Sie bekommt knallharte Gegenfragen eines Moderators, so im Stil: „Ersetzt denn die Einnahme des Medikaments das gegenseitige Begrüßen der Sexualpartner?“, und dann geht es weiter mit Lothar und Louise: Das Präparat wurde eingeschmissen, beide sitzen gemeinsam in der Badewanne. Er versucht, seinen Zeh in ihr Ohr zu tun, was ein bißchen die Frage nahelegt, ob der Beipackzettel ausreichend studiert wurde, aber beide kichern vergnügt.
Nächsten Donnerstag wünsche ich mir: Lothar quält ein fürchterlicher Durst. Er tigert durch die Wohnung. Louise läßt sich am Kiosk beraten. Der Getränkeberater empfiehlt ihr ein Bier. Im Studio wird der Brauer kritisch befragt, ob Biertrinken die Atmung ersetze. Im Film hört man es zischen, und Lothar sagt laut Aah. Wieder hat n-tv die Menschheit informiert, toll ausführlich, denn es gab gar keine Werbepause in diesem Magazin. Nils Minkmar
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20.03.2005, Nr. 11 / Seite 34