Rechte Gesinnung in deutschen Landen

Ein Blick in die Mitte - Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung Wenig überraschend, und doch erschütternd zu lesen, sind die Ergebnisse einer von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie: «Ein Blick in die Mitte» zeigt die unterschwellig und manchmal auch schamlos vorgebrachte rechte Gesinnung in unserer Gesellschaft, auch jenseits von Neonazis und NPD:

So waren: 37 Prozent der Befragten der Meinung, dass Migranten nur nach Deutschland kämen, „um unseren Sozialstaat auszunutzen“. Etwa 39 Prozent waren der Meinung, Deutschland sei „von Ausländern überfremdet“. Jeder vierte wünschte sich eine einzige starke Partei, „die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert“.

[…]

Die viel gehegte Vorstellung, dass Rechtsextremismus vor allem ein Problem der ehemaligen DDR ist, wird in der Studie „Ein Blick in die Mitte“ widersprochen. Signifikante Unterschiede zwischen Ost und West konnten die Forscher nicht feststellen. Das zeigt eben einmal mehr, dass man bei dem Thema Rechtsextremismus nicht immer an die NPD und an Neonaziaufmärsche denken sollte.

Peter Nowak auf Telepolis: Trübes in der deutschen Mitte.
Lesenswert, auch wenn’s weh tut.

Infoseite der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Studie: Ein Blick in die Mitte – Zur Entstehung rechtsextremer und demokratischer Einstellungen (Download der Studie als PDF, 1.6 MB, 497 Seiten)

10 Kommentare zu „Rechte Gesinnung in deutschen Landen“

  1. Ich weiß nicht, ob diese Methode jenseits der Empirik – der Eindruck entsteht nämlich bei Nowaks Artikel – wirklich aussagekräftig ist. Mit 60 Gesprächsteilnehmern o.g., sicherlich bedauerliche Tendenzen festzustellen und weitere Schlussfolgerungen zu ziehen, halte ich für schwierig, und das ist als Ex-Wissenschaftler noch mit angezogener Handbremse formuliert.

  2. Torsten: in der Tat sind 60 Teilnehmer für eine solche Studie wirklich wenig. Doch ich befürchte, dass auch ein größeres Teilnehmerfeld zu ähnlich bedauerlichen Ergebnissen gekommen wäre.

    Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir die Studie genauer anzuschauen und weiß daher nicht, wie die Auswahl der Gesprächsteilnehmer vorgenommen wurde, was ja gerade bei so wenigen Teilnehmern kein unwesentliches Kriterium ist.

  3. Ecco. 60 wäre in keinem Fall akzeptabel, da kann ich auch 12 gut sortierte Leute aus meinem Dorf fragen, das wäre trotzdem nicht repräsentativ, weil 11,937 von diesen 12 CSU wählen.

    Im Grunde bin ich aber optimistisch und denke, dass deutschlandweit jenseits der RTL-II-Zuschauer in der erdrückenden Mehrheit differenzierte Urteile gefällt werden können.

    Leipziger haben vielleicht auch eine andere Perzeption als Durchschnittsmenschen. Aber das will ich natürlich nicht gesagt haben.

  4. Auf Seite 47 der als PDF verlinkten Studie aus dem Telepolis-Artikel steht etwas von gut 5.ooo Teilnehmern der repräsentativen Menge. Vielleicht sind die 60 Interviews nur eine Detailaufnahme, während die 5000 in Fragebögen eine repräsentative Tendenz aufzeigten?

    Ganz subjektiv deckt sich das Beschriebene mit meinem alltäglichen Eindruck: Die Nazis, ihre Gewalt und ihr nationalistisches Getue gefällt vielen nicht, doch als Reaktion auf die Ohnmacht und Gleichförmigkeit der aktuellen Parteien-Politik gibt es immer mehr Zuspruch für autoritäre, nicht-demokratische Ideen zur Regierung. Und „die Ausländer machen alles kaputt und schmarotzen unser System nieder“ ist extrem weit verbreitet, nicht NUR in der Mitte, teils sogar in eher linken Positionen (rechts sowieso). Dazu die neue Angst vor Islamisierung.

    Auch wenn man bei Studien generell vorsichtig sein sollte, die beschriebene Tendenz klingt zumindest vorstellbar.

  5. Ich kann truetiggers subjektiven Eindruck nur teilen und bestätigen, dass Linkssein überhaupt nicht vor solchen, vermeintlich lediglich rechtsextremen Ideen schützt: Wenn ich mir die Ortsgruppe der Volkssolidarität meiner Oma anschaue (so gut wie alle in dieser Gruppe wählen die Linkspartei und lesen das Neue Deutschland), dann finde ich ausländerfeindliche Meinungen zuhauf. Wenn es etwa einen Einbruch gab, bei dem besonders agressiv vorgegangen worden sein muss, heißt es dort sofort, dass dies sicherlich Rumänen waren. Beim türkischen Bäcker werden zwar preiswert Brötchen gekauft, aber außerhalb der Ladentür wird diskutiert, was der Inhaber wohl im Schilde führen mag, dass er sich dort niedergelassen hat und eine Bäckerei führt; als ob das ein Teil eines Dschihads sei. Einfach nur gruselig…

  6. @truetigger, @Julius: Eure Eindrücke, die sicher viele (auch ich) haben, scheinen ja die Studie zu bestätigen. Traurig genug, und fraglich, ob es durch die Veröffentlichung solch einer Studie besser werden könnte. Ein Nutzen könnte sein, wenn die Ergebnisse wirklich diskutiert würden und wenn eine Entrüstung in breiten Teilen der Bevölkerung deutlich machen könnte, dass man oder frau so etwas nicht mehr zu dulden bereit ist. Und jede/r kann sich selbstkritisch fragen, wie er/sie mit Einschätzungen gegenüber ausländischen Mitbürgern frei von Ausländerfeindlichkeit ist.

  7. Die vermeintliche Couleur schützt vor Ausländerfeindlichkeit nicht. Genauso erschreckend sind antisemitische Auswüchse unter den traditionellen Linken, aber das ist wieder ein anderes Thema

    Das für mich erschreckendste Zitat der Studie ist dieses:

    Jeder vierte wünschte sich eine einzige starke Partei, “die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert”

    Man muss sich Gedanken machen, ob der Geschichtsunterricht bei diesen Leuten überhaupt etwas gebracht hat.

  8. @Carsten: Dass Geschichte sich wiederholt, ist ein trauriges Faktum und ein bedauerlicher Beweis, dass Geschichtsunterricht dies offensichtlich nicht verhindern kann.

  9. Sogar Anne Will beschäftigt sich mit dem Thema am Sonntag, 6. Juli, ARD ab 21:45 Uhr. Der Beginn der Sendung verspricht mehr Aufklärung. Ich schaue mal jetzt zuerst die Sendung.

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