Logbucheintrag: Ludwig Harig zum Achtzigsten

Harig-Widmung im Luftkutscher vom 27.11.1981 Ludwig Harig kommt genau wie ich aus der kleinen Stadt Sulzbach im Saarland. Während Ludwig dort immer noch lebt und auch gestern dort seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, verschlug es mich ja bekanntlich nach Hamburg. Heute habe ich in der Hansestadt in meinen Bücherkisten gekramt und das hier abgebildete Reclam-Bändchen des «Logbuch eines Luftkutschers» ausgegraben.

Im November 1981 habe ich als 15-jähriger Schüler Ludwig Harig zum ersten Mal live auf einer Lesung erlebt. Er hatte in der ehrwürdigen Aula des Altbaus im Sulzbacher Gymnasium meinen Mitschülern und mir aus dem damals gerade neu erschienenen «Logbuch eines Luftkutschers» vorgelesen. Auch wenn das nicht unbedingt die Literatur war, die 15- bis 17-Jährige lesen, so hat er uns doch stark beeindruckt, und natürlich waren wir stolz, dass ein Schriftsteller aus der saarländischen Provinz über die Landesgrenzen hinaus so einen großen Ruhm erreicht hat.

Ich habe mir das Logbuch, wie man auf obigem Scan sehen kann, damals nicht nur signieren lassen, sondern hatte es auch – was man wiederum auf obigem Scan nicht sehen kann – gelesen und sogar gemocht. Auch wenn ich vielleicht nicht zum großen Harig-Fan geworden bin, so gibt es doch einige Texte von ihm, die mir gefallen.

Aus dem Logbuch möchte ich ein Gedicht zitieren, das Harig auf Saarländisch geschrieben hat.
Zum besseren Verständnis eine kleine Übersetzungshilfe vorneweg:
Aber nix leit so denäwe – Wie die Biescher iwers Läwe.
Aber nichts liegt so daneben – wie die Bücher über das Leben

Die Biescher un es Läwe

“Du duscht an de Biescher kläwe”,
saat mei Vadder, “isch am Läwe.
Biescher, das sin Biescher äwe,
un es Läwe is es Läwe.

Zwische Biescher un em Läwe,
do dezwische do gäbts Gräwe.
Biescher, das sin Biescher äwe,
un es Läwe is es Läwe.

Do die Dippe, do die Häwe,
do die Biescher, do es Läwe.
Biescher, das sin Biescher äwe,
un es Läwe is es Läwe.

Aber nix leit so denäwe
Wie die Biescher iwers Läwe.
Biescher, des sin Biescher äwe,
un es Läwe is es Läwe.”

“Vadder”, saan isch, “loss misch läwe,
guck, die Biescher brauch isch äwe,
weil, wenns gar kä Biescher gäwe,
is es Läwe dann noch Läwe?”

Der Heinrich-Böll- und Hölderlin-Preisträger Ludwig Harig ist unter anderem mit folgenden Artikeln zu seinem Geburtstag bedacht worden:

Der Saarländische Rundfunk gratuliert im Online-Artikel «Runder Geburtstag». Im Audio-Portrait, das Anke Schaefer für SR2, den Kultursender des Saarländischen Rundfunks, verfasst hat, erklärt Ludwig Harig beim Spaziergang in den Sulzbacher Wäldern, warum er nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet hat, aus Sulzbach wegzuziehen [Länge: 4:23 Min., leider nur im Realplayer-Format vorliegend].

4 Kommentare zu „Logbucheintrag: Ludwig Harig zum Achtzigsten“

  1. “Vadder”, saan isch, “loss misch läwe,
    guck, die Biescher brauch isch äwe,
    weil, wenns gar kä Biescher gäwe,
    is es Läwe dann noch Läwe?”

    Klasse! Dafür 10 von 10 Punkten von mir…

  2. Schöne Geschichte; der einzigen Reclam-Autor, dem ich begegnet bin, war Robert Gernhardt. Er hatte eine seiner letzten Lesungen im Zweitausendein-Laden in den Colonnaden. Es bildete sich eine endlose Warteschlange vor dem Signiertisch, da der Meister allen nicht nur ein Autorgramm gab, sondern auch noch eine kleine Zeichnung hinzufügte. Mir malte er ein Schwein – obwohl er mich gar nicht kannte.

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