Falscher Engel an Maria Himmelfahrt

Maria HimmelfahrtYo - mit engelhaftem Haar
Foto links: photocase.com

Heute ist in meiner saarländischen Heimat (und in mehrheitlich katholischen Gemeinden Bayerns) Feiertag: Maria Himmelfahrt. Hier im Norden natürlich nicht; doch darum soll es in diesem Eintrag auch nicht gehen.
Immer am 15. August denke ich an diesen Tag zurück, als ich mich vor Jahren bei meinem Auslandsstudium in Mexiko, wo Maria Himmelfahrt bei der mehrheitlich katholischen Bevölkerung auch ein wichtiger Feiertag ist, bei der Frau vorstellte, bei der ich ein Zimmer zur Untermiete beziehen sollte.
Gleich vorneweg: ich bin Atheist, doch, was es mit dem Feiertag und meiner Erinnerung daran auf sich hat, könnt ihr hier lesen. (Und ja, ich bin der auf dem Foto mit den – damals – langen Haaren.)

Die Mexikanerin, ich nenne sie hier R., war – obwohl erst Mitte 40 – schon verwitwet, ihr Mann starb ein halbes Jahr zuvor. Sie war sehr gläubig und hatte zu Gott gebetet, daß er ihr eine Hilfe oder ein Zeichen schicke, denn sie wisse nicht mehr weiter. Sie lebte in Chihuahua, der Stadt, in der ich damals zum Auslandsstudium nach Mexiko kam, hatte drei Kinder und ihr ältester Sohn hörte an der Uni, daß da ein Deutscher wäre, der ‘ne Wohnung suchte. Rasch war ein Kontakt hergestellt und ich sollte mich bei R. vorstellen, um zu sehen, ob ich ein Zimmer zur Untermiete bewohnen dürfe.

Es war wie gesagt der 15. August, ich ging – bei brüllender Hitze – zu der mir durchgegebenen Adresse. R. öffnete die Tür und da stand ich (zugegeben in Ledersandalen und weiter roter Hose), sodaß die gute R. ob meines langen blonden Haares ganz fest davon überzeugt war, ein Engel stünde vor der Tür. Und sie hatte doch IHN da oben um Hilfe gebeten, schlagartig war ihr klar, daß ich vom Himmel geschickt wurde, und natürlich mußte es an einem heiligen Tag geschehen, und es passte alles: geschah es doch an Maria Himmelfahrt.

Ich hab natürlich das Zimmer bekommen, von dem göttlichen Zeichen (für welches sie mich hielt) hat sie mir erst später erzählt. R. hat sich auch bis heute nicht davon abbringen lassen, daran zu glauben. Ich habe ihr immer – ganz in Buñuel’scher Art – versichert, ich sei Atheist (weil Gott mich so geschaffen habe), doch sie ist vollkommen überzeugt davon, ich sei ein Engel. Sie habe plötzlich wieder einen Sinn in ihrem Leben gefunden, habe das Haus wieder auf Vordermann gebracht und alles Dank des ángel alemán.

Ich habe im Haus von R. ein ganzes Jahr gelebt, wurde dort aufgenommen wie ein weiteres Familienmitglied und habe mich dort mehr als wohl gefühlt. R. und ich sind bis heute sehr gut befreundet. Doch ich bleibe dabei: ein Engel bin ich nicht. Aber an diesen Tag denke ich immer wieder gerne zurück.

2 Kommentare zu „Falscher Engel an Maria Himmelfahrt“

  1. eine der schönsten geschichten die ich dieses jahr lesen durfte. solltest eine noch längere version als podcast aufnehmen! oder gar ein kleines buch über diese zeit in erwägung ziehen!

    ich mach’ dann schon mal vorsichtshalber das licht aus. osaft und granufink dann in der küche ^^ und weck’ mich nicht ^^

  2. Hi Rob!
    Danke für’s fast schon traditionelle Lichtausmachen hier im Blog und danke für das Lob für meine kleine Geschichte.
    Einen Podcast wird es hier erstmal nicht geben, und für das Buch (Stoff gäb’s genung) fehlt mir leider die Zeit. Hab ja noch ein anderes Buch zu schreiben: meine Doktorarbeit über die mexikanischen Filme von Luis Buñuel, das hat erstmal Vorrang.
    Aber die ein oder andere Story aus Mexiko kann ich ja zwischendurch mal einfließen lassen…

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