Festivalbericht San Sebastian 2021

Mein 26. Film-Festival in San Sebastian hätte eigentlich mein 27. sein müssen. War ich doch seit 1995 (!) ununterbrochen jedes Jahr auf diesem tollen internationalen Festival im Baskenland. Doch Corona hat diese schöne jährliche Regelmäßigkeit im Vorjahr unterbunden; 2020 konnte ich wegen der Pandemie nicht nach San Sebastian fahren. Dieses Jahr war ich wieder dort, es war ein Festival, das immer noch unter dem starken Einfluss der Vermeidung der Ausbreitung von COVID-19 stand. Aber es war ein gutes Festival.

Maskenhinweis zum Start jeden Films
Die Hygiene- und Schutzbestimmungen wurden streng eingehalten. Teilnehmen konnten nur Geimpfte, es wurde nur jeder 2. Sitzplatz vergeben und die Tickets waren namentlich registriert. Wir Akkreditierten konnten uns ab 7 Uhr morgens online die Karten für die Vorstellungen des nächsten Tages reservieren. Da musste man früh aufstehen und rasch auswählen, denn natürlich waren Filme bei dem großen Andrang sowohl von Fachpublikum als auch Cineasten vor Ort rasch ausverkauft.

Gesehen habe ich während der neun Festivaltage trotz erschwerter und eingeschränkter Bedingungen 45 Filme. In gewohnter Manier stelle ich die Filme vor, die mich am meisten beeindruckt haben. Nicht zehn wie sonst, sondern nur neun (hab ja auch nur 45 Filme gesehen und nicht wie sonst an die 50). Die Titel verlinken immer zur Inhaltsangabe auf der Festivalwebsite.

  1. COMPETENCIA OFICIAL

    von Gastón Duprat und Mariano Cohn, Spanien/Argentinien 2021

    Ein Film der “Wettbewerbsbeitrag” als Titel auf einem Festival hat, sorgt für Verwirrung. Gezeigt wurde er schon in Venedig (wo Penélope Cruz als beste Schauspielerin ausgezeichet wurde, allerdings für ihre Rolle in Almodóvars neuem Film “Madres Paralelas”, der leider nicht in San Sebastián gezeigt wurde), deshlab war er hier auch nicht im Wettbewerb, obwohl er COMPETENCIA OFICIAL heißt. Penélope spielt eine Regisseurin die zwei Schauspelstars in einem Film zusammenbringt, die noch nie gemeinsam vor der Kamera standen. Eine herrliche Komödie um Eitelkeiten im Filmgeschäft, die vor allem von den starken Schauspielleistungen lebt, sowohl von Penélope Cruz als auch von Antonio Banderas und Oscar Martínez.

  2. MAIXABEL

    von Iciar Bollaín, Spanien 2021

    “Maixabel” von Iciar Bollaín war für mich der beste Film des Festivals (dass der rumänische Wettbewerbsbeitrag “Blue Moon” gewonnen hat, kann ich wie die Mehrheit der Filmkritik nicht nachvollziehen). Der Film erzählt die wahre Geschichte einer Witwe eines Politikers der PSOE (Juan María Jáuregui), der im Jahr 2000 von der ETA ermordert wurde und bei der sich Jahre später der die Tat bereuende Mörder meldet und um ein Treffen als Zeichen der Vergebung bittet, dass die Witwe tatsächlich gewährt. Brillant gespielt von Blanca Portillo in der Rolle der Maixabel Lasa und Luis Tosar in der Rolle des Etarras.

  3. NOMADLAND

    von Chloé Zhao, USA 2020

    Der Gewinner von Venedig 2020 und von vielen weiteren Filmfestivals wurde in der Reihe Perlas (Perlen aus anderen Festivals) gezeigt und ich habe ihn erst dort gesehen. Spät aber endlich, kann ich nur sagen. Was für ein starker Film und wie hinreißend die fantastische Francis McDormand ist. Stark auch, dass tatsächliche Nomaden wie Linda May, Swankie und Bob Wells gezeigt werden.

  4. NOCHE DE FUEGO

    von Tatiana Huezo, Mexiko 2021

    In diesem eindrücklichen Film aus den mexikanischen Bergen wird gezeigt, wie Frauen ihre Töchter verstecken (und ihnen die Haare kurz schneiden, damit sie aussehen wie Jungen), damit sie nicht entführt werden. Die omnipräsente Bedrohung des Kartells im Kontrast zu den stillen Naturbeobachtungen der Mädchen in den Momenten der geschützten Sicherheit bleiben genau so in Erinnerung wie die brilliante Darstellung der Laienschauspielerinnen. Der Film ist eine deutsche Koproduktion, wenn er es nicht in die Kinos schaffen sollte, wird er sicherlich im ZDF oder auf arte zu sehen sein.

  5. LA HIJA

    von Manuel Martín Cuenca, Spanien 2021

    Für mich neben Maixabel der beste Film im Wettbewerb. Kein cineastisches Meisterwerk, aber ein handwerklich gut gemachter und überzeugend interpretierter Thriller um eine Geschichte, die Thema in vielen Filmen des diesjährigen Festivals war: frühe und ungewollte Schwangerschaften. Hier zu einer besonders dramatischen Geschichte gestrickt, die nicht verraten werden darf, sondern mit eigenen Augen gesehen werden sollte.

  6. THE EYES OF TAMMY FAYE

    von Michael Showalter, USA 2021

    Auch kein cineatischer leckerbissen, aber ein gut gemachter Film bsierend auf einem wahren Fall. Erzählt wird die Geschichte vom Aufstieg udn Fall der Tele-Evangelisten Tammy Faye und deren Mann Jim Bakker, die in den 70ern und 80ern in den USA sehr erfolgreich waren. Stark in der weiblichen Hauptrolle: Jessica Chastain.

  7. QUIEN LO IMPIDE

    von Jonás Trueba, Spanien 2021

    Ein Film der drei Stunden und 10 Minuten dauert, fordert seinem Publikum einiges ab. Erst Recht im Rahmen eines Festivals, bei dem professionelle oder einfach nur filmgebeisterte Zuschauer 4-5 Filme pro Tag sehen. Aber das hat sich in diesem Fall sehr gelohnt. Dokumentarisch gezeigt wird die Geschichte von Jugendlichen von 2016 bis 2020. Zu Beginn waren sie 13 oder 14, wie auf der Website zum Film berichtet wird. Die Darsteller wurden mit dem Preis für die Darstellung des besten Teams ausgezeichnet. Und zusätzlich mit dem Fipresi-Preis der Filmkritik als bester Film.

  8. LA FORTUNA

  9. von Alejandro Amenábar, Spanien 2021

    Für dieses Programm brauchte man noch merh Sitzfleisch und offen gehaltene Augen: fünf Stunden am Stück für die Ausstrahlung von 6 Folgen der Serie “La Fortuna”, die Amenábar für Movistar umegesetzt hat (Start in Spanien wa der 30. September 2021). Ob, wo und wann die Serie in Deutschalnd zu sehen sein wird, weiß ich nicht. Konvenionelle TV-Unterhaltung, aber spannend und gut gemacht, wie ich finde. Die Serie basiert auf der Graphic Novel “El tesoro del Cisne Negro” von Paco Roca und Guillermo Corral. Es geht um Schatzsucher, die auf das Wrack der “La Fortuna” gestoße sind, ein spanisches Schiff, das 1805 von den Briten versenkt wurde und Schätze aus Südamerika mit in die Tiefe genommen hatte. Und um den Anspruch der Spanischen Staates auf diesen Schatz.

  10. BETWEEN TWO WORLDS

    von Emmanuel Carrère, Frankreich 2021

    Eine Bestseller-Autorin schlüpft für ein Buchprojekt in die Rolle einer Reinigungskraft im Team der gestressten Frauen, die im Akkord die Zimmer auf Kreuzfahrtschiffen herrichten müssen. Sie freundet sich dabei mit einer Kollegin an. Als der Bluff auffällt, ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Eindrucksvoll in der Hauptrolle: Juliette Binoche. In San Sebastián mit dem Publikumspreis für den Besten Europäischen Film ausgezeichnet. Zu recht.

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