Was ich die letzten drei Tage im Hinblick auf das Verständnis des Internets durch den 1. FC Saarbrücken (auf Twitter: @1fcsaarbruecken) erlebt habe, ist schon sehr beeindruckend. Leider im negativen Sinne. Bin immer noch fassungslos.
Was war geschehen?
Am Dienstag erhielt ich eine E-Mail von einem Mitarbeiter des 1. FC Saarbrücken (Geschäftsstelle/Presse), in der in Bezug auf meinen fast drei Jahre alten Artikel «FCS-Fanradio berichtet live über die Partien des 1. FC Saarbrücken» vom 20.10.2007 gefordert wurde, ich solle 1. den Link auf das FCS-Fanradio aus dem Artikel nehmen und 2. das Logo «Liebe kennt keine Liga» entfernen.
Ich war über diese E-Mail sichtlich geschockt und – wie Ihr sicher alle nachvollziehen könnt – extrem enttäuscht. Was es für jemanden bedeutet, von seinem Fußballverein in der Form angeschrieben zu werden, der seit 25 Jahren (!) Fan des Vereins ist und der hier im Blog seit dessen Bestehen (seit knapp 6 Jahren) regelmäßig für ein überregionales Publikum über den FCS berichtet, habe ich – ohne Details zu nennen – vorgestern Abend gebloggt:
Bitter enttäuscht vom 1. FC Saarbrücken. Man muss dem FCS zwar zu Gute halten, dass er nicht gleich juristische Schritte gegen mich eingeleitet hat (was ja noch übertriebener gewesen wäre), aber auch die Androhung, der Verein behalte sich juristische Schritte vor, sollte ich die gestellten Bedingungen nicht erfüllen, ist natürlich nichts, was ein treuer Fan gerne von seinem Verein liest.
Unverständnis für Virales Marketing
Nun könnte man sagen: Schwamm drüber, ist doch ein alter Artikel, dann nimmt man halt den Link auf das Fanradio und das Logo, für das sich eh keiner mehr interessiert, raus und gut ist. Aber es geht ja hier auch darum, welche Vorstellung von Fankultur ein Verein hat und wie unsinnig es ist, dass ein Verein sich etwas verwehrt, was er eigentlich begrüßen, fördern und sich nur wünschen sollte: Virales Marketing (d.h. nicht der Verein schreibt: «Schaut mal, was wir für eine tolle Fanaktion haben!», sondern einer der Fans schreibt: «Schaut mal, was der FCS für eine tolle Fanaktion hat!»). Und genau das – Einsicht in die Chance des Viralen Marketings im Netz – wollte ich dem Verein auch ermöglichen, indem ich in einem persönlich geführten Telefon-Gespräch gestern Nachmittag die Person, die mich anschrieb, auf die negative Publicity eines restriktiven Vorgehens gegen Fans im Internet hinwies und einen Kompromissvorschlag unterbreitete.
Mein Kompromissvorschlag
Ich schlug vor:
1. Ich nehme den Link auf das Fanradio raus (widerwillig zwar, weil auch das Unsinn ist, aber wie ich das verstehe, ist das eine Forderung des DFB, Fanradio dürfe nicht direkt verlinkt sondern nur von über den Verein registrierten Hörern gehört werden, um deren Umsetzung sich der FCS hier nur kümmert, also wäre hier der DFB der Ansprechpartner) und ich habe diese Forderung des FCS als legitim anerkannt.
2. Ich beantrage nachträglich, das Logo «Liebe kennt keine Liga» im Artikel zu belassen, da ich es im Sinne einer journalistischen Berichterstattung zitiert habe und es im Sinne des Vereins ist, dass seine Fanaktion auf diesem Wege einem überregionalen Publikum bekannt gemacht wird.
Kompromissvorschlag vom FCS abgelehnt
Der FCS hat mir durch die gleiche Person, die mich vorgestern im Namen des Vereins anschrieb und der ich auch gestern am Telefon die Problematik, welche Folgen ein Beharren auf formaljuristisch vorhandenen Ansprüchen für den Verein haben könnte, heute nochmals angeschrieben und auf der Entnahme des Logos weiterhin bestanden.
Ich habe diese Forderungen, damit die Geschichte für mich kein juristisches Nachspiel hat, nun umgesetzt. Der Fanradio-Link wurde schon gestern entfernt, das Logo «Liebe kennt keine Liga» wurde in oben genanntem Artikel und in dem dort verlinkten Bericht, in dem ich die Aktion erstmals vorstellte: «Liebe kennt keine Liga» vom 5.8.2007, entfernt.
Maßlos enttäuscht
Von Wortspielen im Stile von «FCS kennt keine Liebe» bitte ich Abstand zu nehmen. Aber auch ich muss sagen: Schrieb ich vorgestern noch, dass ich vom FCS bitter enttäuscht sei, kann ich heute nur noch anfügen, dass ich nun maßlos enttäuscht bin. Es ist dieses absolute Unverständnis für den Fansupport im Internet, der sich in dieser Haltung zeigt. Ich habe in meiner heutigen E-Mail dem Verein nahe gelegt, intern noch einmal darüber nachzudenken, wie man in Zukunft mit Fans umgehen sollte, die als positive Werbeträger des Vereins im Web aktiv sind.
Ich werfe mal ganz unmotiviert zwei Links in die Runde, weil mich diese Logo-Geschichte immer wieder aufs Neue ärgert.
Deswegen dürfen Zeitungen Vereinslogos zertrümmern oder schlicht auch nur als Illustration verwenden – ohne dafür die Klubs um Erlaubnis zu fragen. Und ein Weblog darf das meiner Ansicht nach genauso.
Hier noch der Verweis auf das law-blog, das anlässlich der Abmahnung des Saftblogs durch den DOSB zum Thema Logos in Blogs die rechtliche Situation mal ein wenig aufgedröselt hat.
Kurz gefasst: Wer ein Werk mit einer nötigen Schöpfungshöhe schafft, sprich einen Artikel über eine Vereinsaktion schreibt, darf zur Illustrierung ein Logo benutzen. Wer das Logo irgendwie auf die eigene Seite klatscht oder damit sogar noch unerlaubt irgendeinen halbseidenen Fanshop bewirbt, der darf es nicht benutzen.
Wir haben im Blog mal die Logos sämtlicher Bundesligavereine für eine textliche Saisonvorschau verwendet und bislang null Ärger bekommen. Wir haben Fifa- und Uefa-Logos benutzt, weil wir über Fifa- oder Uefa-Veranstaltungen geschrieben haben. Bei Sportswire gab es mal diese Umfrage, wie es die Vereine so mit ihren Logos so halten. Die meisten sehen das recht entspannt, private Zwecke kein Problem, redaktionelle Verwendung auch nicht, werbliche oder kommerzielle Verwendung geht nicht. Und wer strikt mit nein antwortet, will nur einschüchtern.
Wenn ein Verein eine Aktion initiiert und dazu ein Logo erstellt, kann er – meiner Ansicht nach – einen Artikel (ob nun in der FAZ oder einem Blog) über die Aktion und das beigestellte Logo nicht verbieten. Immerhin haben sie die Anwälte beiseite gelassen.
@nolookpass: Danke für die sehr interessanten Links. Bei der Saftblog-Geschichte kam ja damals – im Unterschied zu meinem Fall – die Verquickung mit der unterstellten Werbung noch hinzu. Aber auch so, bin ich, ganz genau wie Du, der Meinung, dass ein nicht gewerblicher Einsatz von Logos im Rahmen der Berichterstattung von den Vereinen in ihrem ureigenen Interesse gewährt werden sollte.
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@nolookpass
das ganze muss man aber Unterscheiden zwischen Vereinswappen und eigens Kreiertes Logo für eine Kampagne die den Fans zu Verfügung gestellt wurde.
Die Nutzungsrechte für das Logo liegt beim Verein somit kann der Verein das Nutzungsrecht auch ausüben und Verlangen diese von der HP zu nehmen. Ob das ganze Sinnvoll ist steht auf einem anderen Blatt. Eigentlich wollte der Verein mit dem Logo auch die Fans ereichen damit Sie in ds Stadion wieder kommen egal in welcher Liga, nachvollziehbar ist das ganze nicht, man stellt zuerst ein Logo den Fans breit zum Downloaden ohne das Nutzungsbedinnungen vorhanden sind und dann Untersagt man den Fans es zu Veröffentlich.
Was soll man vom FCS auch anderes erwarten? Saarbrigger Louischer halt. Wir haben früher gesagt: “Dumm bleibt dumm, da helfen keine Pillen.”
Schade, Markus. Tut mir leid für dich.
@saarland24
Die Nutzungsrechte für das Logo liegt beim Verein. Richtig. Deswegen dürfte textundblog.de auch keine Tassen mit dem Logo verkaufen oder es im Blog-Header verwenden, weil das eine kommerzielle oder werbliche Verwendung wäre. Einen Bericht darf das Blog – meiner Ansicht nach – durchaus mit dem Logo der Aktion oder des Vereins illustrieren, über den im Text geschrieben wird. Hier liegt eine redaktionelle Nutzung vor, die jede noch so strengen Nutzungsbedingungen nicht verbieten können.
Ach Markus, für eine Klage haben die doch gar kein Geld! Die sollten froh sein, dass es überhaupt noch Fans des FCS gibt und eigentlich sollten sie die Loyalität – gerade von Exilsaarländern – zu schätzen wissen, da diese als Botschafter das oft zu Recht negative Bild des Saarlands im Rest Deutschlands zu korrigieren versuchen. So gelingt es sicherlich nicht. Leider reiht dies sich in die Erfahrungen ein, die ich hier im Saarland in der letzten Zeit in diversen Bereichen gemacht habe und bringt mich zum Schluß: kleingeistige Provinzstadt.
@Aengelchen: Traurig aber wahr. Ich bin besonders enttäuscht, weil ich dem FCS durch meinen Kompromissvorschlag und den eindringlich vorgebrachten Hinweis, welche negative Publicity sich der Verein durch ein Beharren auf seinen Forderungen einhandeln werde, die Chance gegeben habe, Fankultur hochzuhalten und kleingeistige Engstirnigkeit zu vermeiden.
Hm. Es sind ja nun alle Facetten des Themas hinreichend beleuchtet worden. Was ich vermisse: hat der FCS mittlerweile in irgendeiner Form Stellung bezogen?
@Spontiv: Diese Stellungnahme vermissen wir beide (und vermutlich viele der hier Mitlesenden). Ich habe den Verein nach meinem Telefonat und der neuerlichen schriftlichen Ablehnung meines Kompromissvorschlages noch einmal angeschrieben und dringend auf die Notwendigkeit, diese – ich sage mal vorsichtig für die Öffentlichkeitsarbeit des FCS ungünstige – Position auch für die Zukunft nochmals zu überdenken. Keine Reaktion.
Immer wieder unglaublich. Aber macht Euch nichts vor, solch anscheinend provinzielles Unverständnis und haarsträubende Inkompetenz in der Entscheidungsebene gibt es bis in den hochprofessionellen Sport hinein – nur, dass sich die Professionalität ausschließlich darauf bezieht, dass Sportler viel Geld verdienen. Was Funktionäre teilweise verbocken, das glaubst du kaum. Im Vereinswesen kann halt eine besondere Gattung Mensch es zur Verfügungsgewalt beträchtlicher Relevanz schaffen. Abgründe allerorten…
@erz: Ich habe u.a. deshalb so reagiert, wie ich reagiert hatte (ich hätte ja einfach unkommentiert den Fanradio-Link und das Logo löschen und die Sache auf sich beruhen lassen können), weil ich hoffte, man würde beim FCS einsehen, dass es wenig Sinn macht, positive Fankultur mit restriktiven Forderungen entgegen zu wirken, statt sie, wenn schon nicht zu unterstützen, so doch zu tolerieren. Um so größer wiegt die Enttäuschung.