Netflix und House of Cards – Von Epischer Brechung im neuen TV-Zugang

Netflix: House of Cards auf dem MacBook Pro

Sorry, der Artikel wird etwas länger, aber ich bin gerade sehr begeistert von Netflix. Und das nicht nur wegen der großartigen Netflix-Produktion House of Cards. Warum ich Netflix aber erst jetzt teste, und was mich an dem neuen “Fernseh”-Zugang und an der Serie so fasziniert, möchte ich in ein paar Worten und Bildern mitteilen.

Erstmal die profanen Gründe, warum ich Netflix erst relativ spät teste: in Deutschland gibt es den TV-Streamingdienst erst seit dem 16. September zu abonnieren und zu sehen (viele haben Netflix hier auch schon früher gesehen, das ging aber nur über den Umweg eines US-Abos von Netflix). Der 16. September war auch für mich ein wichtiger Starttermin, denn da habe ich mein Masterstudium beendet und hätte die neu gewonnene Zeit nutzen und mich mit einem Netflix-Abo belohnen können. Doch ich brach da gerade zum Filmfestival in San Sebastián und zu einer daran anschließenden Dienstreisewoche auf. Kein guter Zeitpunkt, einen neuen TV-Kanal zu testen. Danach hatte ich bis Ende Oktober die Möglichkeit auf einem Online-Portal des Festivals die Filme zu schauen, die ich in San Sebastián nicht geschafft hatte. Doch vergangenen Samstag war es dann endlich soweit, ich konnte meinen Netflix-Test starten. Den ersten Monat gibt’s gratis. Danach zahlt man je nach Modell 7,99 €, 8,99 € oder 11,99 € im Monat. Ich kann nach wenigen Tagen Test schon sagen, dass ich Netflix auf jeden Fall abonnieren werde. In der mittleren Variante zu 8,99 € (in HD-Auflösung, für 2 Geräte).

Netflix auf dem TV Die Auswahl an Filmen und Serien ist ganz ordentlich. Was ich klasse finde: Man wählt zum Start 3 Filme oder Serien aus, die einem gut gefallen und darauf hin macht Netflix Vorschläge, was einem aus dem Angebot zusagen könnte. Ich habe Sherlock (BBC), Dexter (siehe dazu meinen Artikel, in dem ich mich als Serienspätstarter geoutet hatte: Dexter – Tiefgang und Spannung auf hohem Niveau) und den Film Fargo ausgewählt. Damit weiß Netflix dann schon mal ganz gut, in welche Richtung sich meine Sehgewohnheiten bewegen. Scharf war ich natürlich auf House of Cards, was es ja – neben dem Pay-TV-Sender Sky – nur bei Netflix zu sehen gibt. Dazu später mehr. Und was ich noch so schätze: man kann auswählen, ob man die Serien und Filme im Original, in deutscher Synchronisation oder als Original mit deutschen Untertiteln sehen will. Ich schaue House of Cards als OmU.

Was auch klasse ist: Man kann Netflix auf dem Fernseher sehen. Ich habe T-Entertain von der Telekom, da ist Netflix seit 14. Oktober mit empfangbar (siehe Golem-Meldung). Allerdings funzen da die Untertitel noch nicht (siehe Telekom-Forum). Ich hoffe, dass sie das mit dem nächsten Update der Netflix-App auf T-Entertain fixen. Solange schaue ich halt auf dem Notebook oder (noch lieber) auf dem iPad:

Netflix auf dem iPad

Hier kommen wir zum nächsten sehr praktischen Vorteil: egal auf welchen Empfangsgeräten man seine Serien schaut, Netflix merkt sich immer, wo man aufgehört hat zu sehen (auch mitten in den Folgen) und spielt bei der nächsten Session das Programm genau an der Stelle weiter, wo man zuletzt aufgehört hat zu sehen.

Netflix: House of Cards auf dem MacBook Pro

Zu House of Cards könnte ich jetzt seitenlang schreiben, wieso die Serie so großartig ist, doch möchte ich eure zeit nicht über Gebühr beanspruchen und fasse mich lieber kurz. Erstmal der Trailer, der schon einen guten Endruck von der visuellen Qualität, den guten Schauspielern und der Brecht’schen Epischen Brechung – dazu gleich mehr – gibt, die mich so fasziniert:

Kevin Spacey spielt hier die Rolle seines Lebens. Er verkörpert den Politiker Frank Underwood so echt, dass man eigentlich nur durch die bereits angesprochene Epische Brechung von Brecht aus der Illusion gerissen wird und einem klar wird, dass man keine Dokumentation, sondern eben Fiktion sieht. Der von Brecht in dessen Epischem Theater eingeführte Verfremdungseffekt führt dazu, dass der Zuschauer eine kritische Distanz zum Dargestellten einnimmt, da er immer wieder durch eine oder mehrere Personen mitten aus der Handlung heraus direkt angesprochen wird, sehr schön im obigen Trailer zu sehen, wenn Kevin Spacey plötzlich zum Zuschauer redet. Aber es ist nicht nur Kevin Spacey, der hier brilliert, bis in die Supporting Acts und die weiteren Nebenrollen ist House of Cards brilliant besetzt.

Auch wenn das für Serienjunkies sicher wenig beeindruckend ist, habe ich gleich am ersten Netflix-Tag meinen persönlichen Rekord aufgestellt, indem ich am Samstag-Abend vier (!) Folgen in Folge gesehen habe. Das selbstbestimmte Sehen ist auch ein großer Vorteil gegenüber festen Sendezeiten vom Fernsehen der alten Schule: Filme und Serien dann sehen, wenn man selbst Zeit und Lust dazu hat und nicht, weil die Programmplaner zu einer bestimmten Stunde und zu einem bestimmten Rhythmus vorgesehen haben, wann wir etwas sehen dürfen.

8 Kommentare zu „Netflix und House of Cards – Von Epischer Brechung im neuen TV-Zugang“

  1. Gratulation, dass Du auf Deiner “to view” Liste endlich zu House of Cards vorgedrungen bist, auch eine meiner Lieblingsserien. Die Epische Brechung ist allerdings nix Neues, denn das war schon das Herausstellungsmerkmal des britischen House of Cards Originals, das 1990 als Vierteiler lief. Ist übrigens auch sehr zu empfehlen. Als Politserie ist House of Cards um einiges bösartiger und rücksichtsloser als The West Wing, aber in puncto Dialoge stehen sich beide Serien in nichts nach. Das “binge watching” in Sachen TV-Serien musst Du allerdings noch ein bisschen üben, bis es an Deinen Schnitt bei Festivalfilmen in San Sebastian herankommt 🙂 Vier Episoden am Stück… da geht noch was, jetzt wo Du mit Deinem Master fertig bist.

  2. @Nicole: Ich wußte ja, dass ich Profis mit meiner anfängerhaften Begeisterung (four in a row) nur ein müdes Lächeln entlocken werde. 😉 Sicher werde ich den Enthusiasmus noch steigern können. Allein, momentan fehlt mir – trotz Master in der Tasche – die Zeit dazu.

  3. sehr schön beschrieben. vor dem abo ggf. noch amazon prime video testen! gerade in kombination mit der fire tv box, kann das auch sehr viel spaß machen. wäre meine empfehlung.

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