Von der Leyen in Sulzbach mit demagogischer Rede

Ich habe selten eine so demagogische und manipulative Rede wie die von Ursula von der Leyen gehört, die sie gestern auf einer CDU-Veranstaltung in meinem saarländischen Heimatort Sulzbach gehalten hat. Und das auch noch in der Aula meines alten Gymnasiums. Unfassbar, wie sie – wissentlich und vorbei an allen Fakten – verleumderisch die Menschen diskreditiert, die ihre Position beim Websperrengesetz zu kritisieren wagen. Und die Leute klatschen Applaus. Ich bin fassungslos:

Alles weitere dazu auf netzpolitik.org, wo auch die Rede transkribiert wurde.

27 Kommentare zu „Von der Leyen in Sulzbach mit demagogischer Rede“

  1. Man schaue sich einfach nur mal an was man alles unter dem Hashtag #Zensursula gerade im Moment im Twitter lesen kann… oder in den Kommentaren bei Youtube… ich Zitiere einen User dem Twitter:

    RT @joe_leads: #zensursula im Duktus bekannter Politiker der deutschen Vergangenheit. OMG. http://is.gd/2ngFb

  2. @Marco Franke: Ich war sichtlich erschrocken, als ich die Rede heute Abend gesehen habe. Vor allem, wie vdL so vieles wohl wissentlich Falsches ganz bewusst sagt. Wie etwa die Falschaussage, Kipo-Material läge auf Servern in Ländern, wo nichts gegen diese grausamen Verbrechen zu unternehmen sei, was ja bekanntlich nicht stimmt und was das Familienministerium sehr wohl weiß und weil sie diesen unerträglichen Gegensatz schaffen möchte, entweder man ist für ihre Maßnahmen oder man wolle den Kampf gegen Kindesmissbrauch nicht unterstützen.

    Und wie berichtet die Saarbrücker Zeitung über die Veranstaltung? So: Sympathische Frau begeistert Sulzbacher. Damit ist dann ja wohl alles gesagt. Das ist so absolut unglaublich.

  3. die dame zieht sich die maske vom gesicht und der tumbe wahlpöbel klatscht dazu.
    wollt ihr die totale zensur? ja!! ursula geh du voran wir folgen dir.

    ein wahrlich gruseliger mitschnitt, der einem angst macht.

  4. nachtrag

    dieser jubelartikel in der saarbrücker zeitung schlägt dem fass den boden aus.

    demagogen und eine presse die völlig unkritisch darüber berichtet. unfassbar, was in deutschland schon wieder alles möglich ist.

    es gibt ein lied von udo jürgens aus dem jahr 1970, eine textzeile finde ich in diesem zusammenhang sehr aktuell

    Die alten Bärte rauschen wieder mächtig,
    doch junge Bärte sind dir höchst verdächtig.
    Das alte Gestern wird mit Macht beschworen,
    das neue Morgen, deine Jugend geht verloren.

    lieb vaterland heisst der song

  5. Die Familien-Ministerin gibt sich doch genauso wie im ganzen letzten Jahr auch, es fehlt in der Rede nix aus ihrem Textbaustein-Vorrat: “Internet darf kein rechtsfreier Raum sein”, “Kinderpornographie ist doch nicht durch die Meinungsfreiheit geschützt”, die wilden und haltlosen Zahlenspekulationen (30% der Kinder sind unter 10 Jahre), die Mär von den Servern in Ländern, in denen Sex mit Kindern total erlaubt sein soll… Neu ist lediglich, dass sie kein Wort von der FDP erwähnt (die ja im Bundestag ziemlich geschlossen dagegen war), dafür der Linken ans Bein pisst (von denen 1/3 geschwänzt hatte). Wahlkampf eben, mit Schielen auf die nächste Koalition.

    Besorgniserregend ist nur, dass bei diesem Thema auffällt, wie Politik funktioniert: ernsthafte Einsprüche (Verfassungsbedenken) werden unsachlich weggewischt, ein Wirtschaftsminister schmiert windige Passagen in ein Telemedien-Gesetz, um Provider zum Verfassungsbruch zu zwingen, Statistiken werden bewusst gefälscht… Dieses Beispiel führt uns vor Augen, wie es zu der sinnfreien Abwrackprämie kam, wieso die deutsche Freiheit am Hindukusch verteidigt werden muss und warum Finanzmarktregeln nicht aufgestellt werden. Denn überall, wo Ehrlichkeit und ernsthaftes Anhören von Experten angebracht wäre, fühlen sich Politiker viel fähiger und basteln sich ihre Scheinwirklichkeit zurecht.

    Übrigens, so peinlich Leyen auch ist: Vergessen wir nicht, dass sie nur die Strohpuppe unseres paranoiden Innenministers ist, der mit dem “aber es geht doch um die Kinder!” endlich den Hebel gefunden hat, den er lange suchte.

  6. @sparschaeler: Danke für den Hinweis auf den Udo Jürgens-Song. Den kannte ich ja gar nicht und der ist erstaunlich sozialkritisch. Hab mir das Lied auf YouTube angehört: Lieb Vaterland (die zitierte Strophe ist ab 2:45 zu hören).

    Es gibt auch eine Version von 1998 mit leicht aktualisiertem Text. Respekt, Udo Jürgens.

  7. Oh mein Gott. Das ist an Polemik und grob vereinfachender Falschdarstellung wahrlich kaum zu toppen. So was kann man auch nur dem fachfernen Publikum unwidersprochen verkaufen. Was jetzt nicht heißen soll, dass ich die Klatschorgien der betagteren Klientel, die da anwesend war, verteidigen will …

    Und was die Saarbrücker Zeitung – leider die einzige Tageszeitung meiner saarländischen Heimat – anbetrifft, so überrascht mich nichts, aber auch gar nichts mehr.

  8. Man soll hinterher nicht sagen, man hätte von all dem nichts gewusst…

    Über die Ausführung dieser Rede mag man streiten können – über den “Inhalt” nicht…

  9. *kopfschüttel*

    Das Ganze hat irgendwie den Charme einer Kaffeefahrt.

    Erst wenn zu Hause Enkel oder Kind erklärt, dass der Verkäufer kein netter Mensch ist sondern gutgläubige Menschen abzockt, merken Oma und Opa auf was sie sich da eingelassen haben.

  10. Rege mich schon seit Tagen über das Vorgehen von Frau von der Leyen. Da wird mit reiner Angstmache versucht Wahlkampf zu machen. Natürlich möchte man den Missbrauch im Netz verhindern und das sobald das Stichwort Kinderpornographie fällt sind die Menschen (zu recht) alarmiert und wollen, die die das verhindern wollen natürlich unterstützen.

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  14. Ich habe von hier aus die Kampagne gegen Zensursula wegen ihres Auftrittes mit gestartet:
    http://guedesweiler.blogspot.com/2009/08/rechts-von-der-welt-das-revier-von.html

    Dann ging es hiermit weiter:

    http://guedesweiler.blogspot.com/2009/08/wie-zensursula-ihrem-namen-gerecht-wird.html

    Nun finde ich ein Weblog, welches ein “Sulzbacher” führt. Kennst du die Leute im Saal bzw. kannst du welche erkennen? Wäre interessant, wenn man einige von den Anwesenden, die so heftig Beifall geklatscht haben, mal mit den Fakten vertraut machen würde. Die Reaktionen darauf würden mich interessieren…

  15. @Johannes Döh: Ich bin ja nun schon ein paar Jahre aus Sulzbach weg (wohne seit 1988 nicht mehr dort) und habe niemanden aus dem Sulzbacher Publikum im Video erkannt. Ich glaube auch, dass diese Menschen nur noch sehr schwer von Argumenten zu überzeugen wären, nachdem sie die “sympathische Ministerin”, wie die SZ im Sulzbacher Lokalteil ganz unverhohlen schrieb, und worauf Du in Deinem Posting ja auch eingegangen bist, kennen gelernt hatten.

    Wer sich im Internet kritisch informiert, sieht diese Dinge natürlich ganz anders und weiß, das vdL hier ganz bewusst die Unwahrheit sagt, aber wer nur noch die durch die Medien gefilterten Informationen aufnimmt, für den sind wir Kritiker bloß realitäsferne Störenfriede.

    Das ist ein großes Dilemma der politischen Information im Web 2.0: Aufklärung ist über die Web-Nische hinaus nur sehr schwierig zu bewerkstelligen. Trotzdem ist es wichtig, dass jede und jeder in seinem Umkreis auch mit den auf der Hand liegenden Argumenten den weniger Informierten die Augen öffnet.

  16. So – schön und gut. Ich fasse zusammen: Frau vdL wirbt mit dem Emotional-Thema Kinderpornografie für eine “Zensur” des Internets.
    Aber eins ist für mich glasklar: Das Internet darf wirklich kein rechtsfreier Raum sein! – Nicht für Kinderschänder, nicht für Virenschreiber, nicht für Kriminelle (Kontodaten-Abzocke, betrügerischer Aboangebote etc) und nicht für Nazis.
    Solange mir keiner verständlich erklärt, wieso vdL “technische Fakten” falsch darstellt, ist das für mich ein unprüfbarer Pauschalvorwurf und damit wertlos. “Aufklärung” wird tatsächlich nie stattfinden, wenn man sich so ausdrückt, dass nur Insider wissen oder ahnen können, was gemeint ist. Ich nutze das Internet schon seit über 10 Jahren auf verschiedene Art und kann nichts nachvollziehen, außer dass auch andere Länder wohl Gesetze gegen Kinderpornografie haben und also derartiges Material nirgends legal gespeichert sein kann.
    Und wenn ihr schon so schlau seid: Wie bekämpft man denn illegale Inhalte effektiv (ganz ohne Kontrolle und Strafen)?!
    Ich denke am ehesten über die Zahlungsströme (Geld regiert ja eh die Welt) – aber ob und wie das technisch geht, weiß ich natürlich nicht.
    Aber wer politisch hier dagegen halten will, der muss sagen, wie er das Problem lösen will!
    Ausschließlich auf die Informationsfreiheit zu pochen reicht absolut nicht und spielt nur vdL und dem “Bundestrojaner” Schäuble in die Hände!
    Solange da nichts kommt, sind z.B. die Piraten keine Alternative für mich.

    Und übrigens: Ich fand es jetzt nicht propagandistischer als andere Wahlkampfauftritte auch – zwar populistisch, mit Schein-Fakten (%-Zahlen) angereichert und den Gegnern eine unmögliche Postion pro Kinderpornografie im Netz unterstellt – aber trotz alldem kein Vergleich mit der NS-Proganda.

  17. @Micha: Ganz kurz, da schon spät: Das Internet IST kein rechtsfreier Raum. Das weiß auch vdL sehr genau. Es gibt Gesetze, die einzuhalten sind und es gibt Vollzugsbehörden, die aufgefordert sind, darauf zu achten, dass diese eingehalten werden. Das, was von der Leyen aber plant, verstößt gegen die Verfassung. Und das sagen nicht nur ein paar Netzaktivisten, sondern das sagen auch Verfassungsrechtler. Siehe zum Beispiel das aspekte-Interview mit ehemaligen Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem.

    Anstatt diese verfassungsmäßig mehr als zweifelhaften Methoden anzuwenden, die zudem erwiesenermaßen ineffektiv sind, sollten die Kräfte auf die Löschung von Kindesmissbrauchsmaterial konzentriert werden. Wenn schon Kinderschutz-Aktivisten ohne polizeiliche Gewalt es schaffen, solche Server löschen zu lassen (siehe Golem-Artikel “AK Zensur lässt 60 Kinderporno-Seiten in 12 Stunden löschen”), dann darf sich doch das Familienministerium nicht hinstellen und weiter – gegen besseres Wissen! – behaupten, dies wäre nicht möglich. Das – und die bewusste Ausnutzung der Unwissenheit ihrer Zuhörerschaft – ist der Skandal dieser Wahlkampfreden von Ursula von der Leyen, und das nennt man auch Demagogie.

  18. @Micha – was willst du denn wissen?

    Wie Markus schon erwähnte, der sog. rechtsfreie Raum ist ein Phantasiegebilde der Sperrbefürworter. Frage dich doch mal selbst! Weshalb soll im Internet etwas erlaubt sein, was im realen Leben verboten ist? Um eines deiner Beispiele aufzugreifen: Abofallen!

    Abofallen gibt es nicht nur im Internet und sie gab es schon, bevor es das Internet gab. Wenn man von tatsächlichen Abofallen redet, geht es im Eigentlichen um raffinierten Trickbetrug. Betrug ist strafbar, im Internet genauso wie im realen Leben. Nur weil man nicht weiß, wie man mit Abofallen, Kinderpornographie, Phishing, Viren im Internet richtig umgehen soll, bedeutet dies doch keineswegs, dass diese Dinge nun erlaubt seien. Irrsinnigerweise ist die Bekämpfung dieser Dinge im Internet effektiver als im Reallife, weil dort alles ziemlich genau dokumentiert und protokolliert wird. Wenn die Ermittlungsbehörden damit nicht umgehen können, bedeutet das ja nicht, dass das Internet ein rechtsfreier Raum wäre.

    Feel free to ask me! 🙂 oder schau dir meine Ausführungen zur KiPo- Thematik hier (www.guedesweiler.wordpress.com) an!

  19. Und wenn ihr schon so schlau seid: Wie bekämpft man denn illegale Inhalte effektiv (ganz ohne Kontrolle und Strafen)?!

    Jetzt wird’s etwas technisch: Mit dem Befehl WHOIS (gibt’s auch als Dienst im Internet) lassen sich Betreiber und Verantwortliche für Domains ermitteln. Das kann und darf jeder. Somit ist es möglich, mit einer verantwortlichen Person einer bestimmten Domain in Kontakt zu treten. Man kann z.B. über strafrechtlich relevante Inhalte auf der entsprechenden Internetpräsenz hinweisen. Sind diese Inhalte im Land wo der Serverstandort sich befindet, ebenfalls strafbar (bei KiPo eigentlich immer), wird der Betreiber sehr schnell, auch im eigenen Interesse reagieren. Eine parallele Strafverfolgung ist nicht ausgeschlossen und sollte es auch nicht sein. Wo ist das Problem?

    Solange mir keiner verständlich erklärt, wieso vdL “technische Fakten” falsch darstellt, ist das für mich ein unprüfbarer Pauschalvorwurf und damit wertlos.

    Was verstehst du unter “technischen Fakten”?

    Wenn du damit das Stopp- Schild meinst, kann ich dir gerne erklären, was daran nicht stimmt…?
    Beziehst du dich damit ausschliesslich auf die Sulzbach- Rede?

  20. Hallo – erstmal vielen Dank an Johannes und Markus.

    @Johannes:
    Ja, ich beziehe mich hier nur auf die Sulzbach-Rede (ist ja auch das Thema hier). Mir ist im Nachhinein aufgefallen, dass das “Verfolgen der Täter im Ausland von Deutschland aus” irgendwie Blödsinn sein muss: Der deutsche Staat kann Personen im Ausland nicht mit eigenen Gesetzen verfolgen, sondern nur in Zusammenarbeit mit anderen Staaten (die Gründe sind aber eher staatsrechtlich als technisch).
    Trotzdem bleibt eine interessante Frage: Wenn es mit WHOIS so leicht ist, die Betreiber einer Seite ausfindig zu machen, warum gibt es dann noch soviel illegale Inhalte im Netz? Fehlt es der Polizei an Personal um dem nachzugehen? Oder können sich die Betreiber mit guten Anwälten rausreden (weil z.B. Gesetze schlecht formuliert sind)? Oder kann ein Seitenbetreiber seine Idendität einfach verschleiern (über Software, die WHOIS abblocken könnte oder durch falsche persönliche Angaben beim Kauf/Miete der domain)?

    Naja – und das Stoppschild – ist das so wie die “über-18-Warnung” bei “normalen” Erotikseiten oder wie das “die nachfolgende Sendung ist für Zuschauer unter 16 nicht geeignet.”? Sowas ist natürlich extrem abschreckend und hat schon seeeehr viele Kinder vor Pornos und Gewaltdarstellungen geschützt (Achtung: Ironie!).
    Aber vielleicht steckt ja auch mehr dahinter …

  21. Wenn es mit WHOIS so leicht ist, die Betreiber einer Seite ausfindig zu machen, warum gibt es dann noch soviel illegale Inhalte im Netz?

    Man muss natürlich davon Gebrauch machen. Die Serverbetreiber (Provider, Hoster) wissen nicht unbedingt von illegalen Inhalten auf ihren Plattformen. Man muss sie deshalb darauf aufmerksam machen. Daraufhin (insbesondere wenn es um KiPo geht) werden sie sehr schnell reagieren und bei begründetem Verdacht auch handeln. Die Provider unterliegen den Gesetzen des betreffenden Landes und haben ein hohes Eigeninteresse daran, nicht damit in Konflikt zu treten. Auch sind deren Kunden an die gleichen Gesetze gebunden und darüber hinaus noch an die AGB’s der Provider. Einfaches Beispiel, das du selbst nachvollziehen kannst: Du entdeckst eine Abofalle, die wirklich gegen geltendes Recht und die AGB’s des Anbieters verstößt, auf dessen Onlineplattform der Betrug stattfindet. Per WHOIS kannst du dann den Betreiber der Onlineplattform sowie den Verantwortlichen für den Inhalt ausfindig machen und kontaktieren. Die Abuse- Email kannst zu zur Beweisführung aufbewahren. Sollte nach gewisser Zeit keine Reaktion erfolgen, kannst du parallel noch den Weg über Polizie oder Verbraucherschutz oder in besonderen Fällen über RegTP wählen. Bei KiPo funktioniert dies auch länderübergreifend recht gut, da diese Straftat quasi überall sehr sensibel behandelt wird. Einfach wäre es schon, doch wird davon zu wenig Gebrauch gemacht, was allerdings deshalb nicht die Existenz der Internetsperren rechtfertigt, wie UvdL Glauben machen will. Sie selbst und das BKA könnten diese effizienten Mittel ebenfalls nutzen und wären sicher erfolgreicher damit wie eine einzelne Privatperson. Warum sie sich dagegen sträuben, überlasse ich mal der Fantasie des einzelnen…

    Fehlt es der Polizei an Personal um dem nachzugehen?

    Diese Frage solltest du an Herrn Ziercke stellen.

    Oder können sich die Betreiber mit guten Anwälten rausreden (weil z.B. Gesetze schlecht formuliert sind)?

    Bei KiPo kann ich mir kaum vorstellen, dass man sich rausreden kann oder die Gesetze schlecht formuliert wären. IRAN steht (stand?) auf der Blacklist des BKA, der Staaten, die KiPo nicht strafrechtlich verfolgen würden. Es wurde schlicht (und inzwischen vorsätzlich) übersehen, dass IRAN bereits jegliche Pornographie extrem hart strafrechtlich verfolgt und KiPo nicht explizit aufgeführt werden muss. Darauf steht dort, soviel mir bekannt ist, sogar die Todesstrafe, ohne dass es einen eigen Paragraphen dafür geben müßte. Die Studie, auf welche sich UvdL gerne bezieht (auch in Sulzbach) hat aber diese elementar wichtige Kleinigkeit nicht berücksichtigt, sodass laut dieser Studie 95 Schurkenstaaten existieren würden, die KiPo nicht verfolgen würden. Eine Korrektur von Dirk Landau hat ergeben, dass die Zahl 95 auf 21 herabgesetzt werden kann. In den verbleibenden 21 Staaten herrscht Krieg, Bürgerkrieg o.ä. sodass deshalb die Klärung nicht möglich ist. Es ist aber auch ziemlich unwahrscheinlich, dass in einem Land, wo Krieg tobt, Serverstandorte für Kommerz genutzt werden und die geleakten Sperrlisten belegen dies auch.
    Dirk Landau hat seine Recherchen an das BMFSFJ weiter geleitet, doch man will dies nicht akzeptieren und behaart auf die nachweislich falsche Studie…

    Oder kann ein Seitenbetreiber seine Idendität einfach verschleiern (über Software, die WHOIS abblocken könnte oder durch falsche persönliche Angaben beim Kauf/Miete der domain)?

    Eigentlich nein – es gibt zwar dubiose Firmen, die als Tarnfirmen einspringen, doch im Zweifelsfall könnte man diese zur Rechenschaft ziehen. Bei KiPo ist es wegen der Brisanz eher unwahrscheinlich, dass jemand als Tarnfirma einspringt, bei Abofallen im Ausland aber durchaus. Letzteres hat aber mit der Bekämpfung von KiPo nichts zu tun und sollte daher nicht in diese Diskussion einfliesen.

    Aber vielleicht steckt ja auch mehr dahinter …

    Genau das ist ja die Frage, die UvdL und Jörg Ziercke nicht beantworten wollen. Sie betonen immer wieder (siehe Sulzbach- Video), dass es ausschließlich um die Bekämpfung von KiPo gehen würde, obwohl sämtliche Scheinargumente bereits ad Absurdum geführt wurden und bessere Alternativen aufgezeigt wurden…

  22. @Johannes Döh: Ich danke Dir für die ausführliche und sehr sachliche Argumentation.

    @Micha: Ich glaube das, was ich nur kurz angerissen habe, und was Johannes dankenswerterweise sehr ausführlich dargelegt hat, zeigen Dir, dass die Gegner der Websperren nicht bloß eine Verweigerungshaltung (á la “So nicht!”) an den Tag legen. Die hier genannten Argumente zeigen, dass das gemeinsame Ziel – den Kindesmissbrauch und seine menschenverachtende und ungeheuerliche Verwertung zu bekämpfen – durchaus erreicht werden kann. Nur eben nicht durch die gleichermaßen ineffektiven wie gefährlichen Maßnahmen des Bundesfamilienministeriums, mit denen die Öffentlichkeit leider ganz bewusst getäuscht wird.

  23. Ich habe noch einen anderen Redemitschnitt der gleichen Rede (gehalten in Hamburg) bei youtube gefunden:
    http://www.youtube.com/watch?v=ovIEmOVVtwg&NR=1

    Da geht es aber noch etwas weiter und wird dann doch sehr fragwürdig mit der Behauptung: “Wer jahrelang Kinderpornos guckt, will (und wird) dann auch selbst Kinder vergewaltigen.” Das steht doch auf der gleichen Stufe wie: “Wer Doom spielt wird zum Amokläufer (und wer kifft landet irgendwann bei Heroin)” – Obwohl (fast) alle Psychopaten ihre kranken Fantasien vorher virtuell ausleben, ist es umgekehrt trotzdem so, dass die allermeisten Menschen das, was sie im Film oder beim Computerspiel erleben niemals im echten Leben machen würden.

  24. @Micha: Vorsicht, das ist aber wiederum ein ganz anderes Argument (über das man zwar auch streiten kann, aber das die allermeisten – und auch ich – nicht an 1. Stelle kritisieren. Wir werfen vDL diese Schlussfolgerung (das KiPo-Konsumenten zu Tätern werden) nicht vor, sondern den falschen Weg der Bekämpfung von Kindesmissbrauch einzuschlagen, oder vielmehr die scheinbare Bekämpfung von Kindesmissbrauch als Vorwand zu verwenden, um über die Hintertür eine Zensurinfrastruktur einzuführen, die mit unserer Verfassung nicht zu vereinbaren ist.

  25. @Markus: Ich habe das “Argument” von vdL nur angeführt, weil es ein Beispiel für Demagogie ist (ein Begriff und Vergleich den ich ja zuerst völlig übertrieben fand). Hier wird echt ein mehr als zweifelhaftes Argument geschickt genutzt um Zustimmung für ihr Projekt “Zensurinfrastruktur” zu ernten.
    An dieser neuen Passage kann man aufzeigen, warum es sich um eine “demagogische und manipulative Rede ” (deine Worte vom Anfang des blogs) handelt – und zwar auch für Leute ohne technisches Fachwissen. Ohne solche konkreten Belege ist Demagogie ein schwerer Vorwurf, mit dem man sich nicht unbedingt Freunde macht.

    @all: Und es ist tatsächlich so, dass schlicht das Personal zur Bekämpfung von Kinderpornografie fehlt! Wenn jetzt sogar beschlagnahmte Computer (vermutlich mit Festplatten voller Kinderpornos) einfach an die Besitzer zurückgegeben werden, nur weil die Staatsanwaltschaft keine Leute hat, die das Material auswerten (tagesthemen vom 02.09.09 /bestimmt auch nachzuschauen auf tagesschau.de) dann brauchen wir mit Sicherheit keine neuen Gesetze – wenn schon keiner da ist, der die bestehende Gesetze durchsetzt. Hier wird der ganze Feldzug gegen Kinderpornografie endgültig zur Farce!!!

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